Friyay-Tunes: Die aktuellen Releases für euer Wochenende Zuhause
In der quarantänebedingten Entertainment-Flut mangelt es nicht an neuen Musik-Releases – um Ordnung ins tonale Chaos zu bringen, sind wir mit unseren Friyay Tunes zurück und kuratieren die neuen Songs und Alben, die ihren Weg in die Playlist für ein weiteres Wochenende zuhause finden könnten.
Einen Lebensbereich, den das Coronavirus alias COVID-19 nicht in irgendeiner Form beeinflusst hätte, gibt es eigentlich nicht. So auch die Welt der Musik. Im Vergleich zu weltgesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Themen rückt einerseits jedes kulturelle Produkt gerade rechtmäßig in den Hintergrund, andererseits dient Musik auch als Ablenkung von Negativschlagzeilen. Auch Musiker*innen selbst haben sich den Entwicklungen anpassen müssen. Von Lady Gaga bis Soko verschieben deshalb einige ihre Releases, andere ziehen sie sogar vor – wie in dieser Woche Dua Lipa. Wieder andere ersetzen Promo-Touren und Performances durch Live-Streams und veröffentlichen Singles, die die Selbstisolation aufgreifen. Ein Chaos im Kulturangebot kann man nie gebrauchen – hier deshalb eine Übersicht der neuen Tracks und Alben, mit denen ihr euch am Wochenende zuhause beschäftigen könnt, plus Podcast als Goodie.
Bevor wir aber einsteigen, hier ein paar „Honorable Mentions”:
auch das ist neu: die Single „Her” von NYLON-Ex-Coverstar Anne-Marie, Jesse Reyez‘ Album „Before Love Came To Kill Us“, 5 Seconds of Summers 80s-Pop-inspiriertes Album „Calm”, die Songs „W” und „Do The Most” von Tory Lanez, die passend betitelten Tracks „Allein Sein” von Ufo361 und „Alone in the Rain” von Amili, das in Quarantäne gefilmte Musikvideo von Kehlani zu „Toxic”, das Tiny-Desk-Konzert von Harry Styles, Ashnikkos Video zu Tantrum und das Performance-Video zu „Dance Again” von Selena Gomez.
Dua Lipa – „Future Nostalgia”
Miss Dua ist gekommen, um uns vor Einöde in der Selbstisolation zu retten – so ähnlich jedenfalls lautete das Fan-Feedback, als Ex-NYLON-Coverstar Dua Lipa bekannt gab, den Release ihres zweiten Albums „Future Nostalgia” auf den heutigen Freitag vorzuverlegen. Über das neue Material nach der Lead-Singles „Don’t Stop Now” freuen sich nicht nur Fans – auch bei Kritikern schneiden die glasklaren Pop-Tracks mit hier und da Disco-Einflüssen besonders gut ab („Future Nostalgia” ist das bisher bestrezensierte Album des Jahres – andere Meinungen gibt’s hier). Seit ihrem Debüt 2017 hat Dua fleißig an ihrem perfekten Bild als einer der größten Pop-Superstars der letzten Jahre geschraubt. Dieses Album soll ihr selbstbewusstes Image lyrisch und musikalisch zementieren – oder, wie es der Schluss-Track des Albums sagen will: „Boys will be boys, but girls will be women”.
Childish Gambino – „3.15.20“
Nach dem Überraschungs-Releaseprozess seines neuen Albums als Childish Gambino hätte Donald Glover die Platte eigentlich umbenennen müssen. „3.15.20” heißt sie jetzt, dabei war sie an jenem Datum nur für ca. 12 Stunden als Endlos-Stream verfügbar und wurde erst eine Woche später offiziell veröffentlicht. Vielleicht ist Glover den Release-Prozess ähnlich angegangen wie die Produktion. Dieses Album ist dank seines komplexen Sounds keines, in das man sich schnell reinhört. In einen ebenfalls komplexen Weltstatus, der aber Zeit gibt, ein Album kennen- und verstehen zu lernen, passt das Werk perfekt. Dafür, dass es nicht zu verkopft wird, sorgen eher sommerliche Songs wie das Ariana-Grande-Feature„Time” oder die Nummer „42.26”. Letztere wurde schon vor einiger Zeit als „Feels Like Summer” veröffentlicht und kam in Glovers Film „Guava Island” vor. Nach Glovers Ankündigungen könnte dieses Album sein letztes als Childish Gambino sein – kein Wunder, dass ein bisschen mehr Strategie zeigt.
Noah Cyrus – „I Got So High That I Saw Jesus”
Noch so ein Ex-NYLON-Coverstar, der sich in neue Sphären begibt – mit Beihilfe jedenfalls. „I Got So High That I Saw Jesus“ lautet der unverblümte Titel von Noah Cyrus‘ neuester Single. Textlich herrscht darauf zunächst mal Untergangs-Stimmung – wenn auch Corona-unrelated. Noah singt von Menschen, die ihren Job an eine Maschine oder mit ihrem Verstand gegen Netz-Code verlieren. Wenn Engel demnächst in künstlicher Intelligenz stecken würden, könne man doch direkt alles abfackeln, heißt es weiter – bis eben Jesus komme und sagt, alles werde gut. Musikalisch wendet sich Noah für den skurrilen Crossover aus Christian Pop und Dystopie erneut Country-Sounds zu. In der Insta-Talk-Show von Schwester Miley sagte sie, den Jesus ihres Songs müsse man nicht religiös ausgelegen, sondern könne ihn auch als Mutter Erde verstehen. Ein Gedankennetz, dass ihr bei Langeweile an diesem Wochenende zuhause weiterspinnen könnt.
Visa Vie – „Das allerletzte Interview”
Keine Musik, kein neuer Release, dafür aber seit Donnerstagabend preisgekrönt: Der prämierte Podcast von Visa Vie. Für NYLON #7 schrieb die Host und Autorin noch über den Status Quo von weiblichen Rap-Stars in Deutschland, für ihren Hörspiel-Podcast „Das allerletzte Interview” widmet sie sich aber einer Crime-Geschichte. Darin verfolgt die Hauptfigur Clara den Plan, Deutschlands erfolgreichsten Rapper in einem „letzten Interview” bloßzustellen und ihn anschließend zu ermorden. Weil sie mit Hip-Hop und Rap bisher aber nichts zu tun hat, muss Clara die Szene durch einen Job als Moderatorin bei einem Branchenmagazin infiltrieren. Ob autobiografisch oder nicht – die Geschichte brachte Visa Vie gestern Abend ihren Preis für das „Beste Skript” und als „Beste Autorin” beim Deutschen Podcastpreis ein und gehört damit auf die Playlist für euer Wochenende zuhause.
PARTYNEXTDOOR – „Partymobile/Believe It“
In Zeiten der häuslichen Quarantäne fühlt es sich für den Produzenten und Künstler Jahron Braithwaite a.k.a. PARTYNEXTDOOR scheinbar nicht zynisch an, ein Album mit dem Titel „Partymobile” zu droppen – ein wenig ironisch bleibt es aber allemal. Für weniger Hype dürfte das Album aber – neben seinen eigenen Lorbeeren – besonders wegen eines Gast-Features nicht sorgen. Rihanna, musikalisch bereits verschollen geglaubt, ist auf dem Track „Believe It” zu hören. Auf diesem stellen sie und Braithwaite sich die Frage, die gerade sicher viele im Social Distancing beschäftigt: Sollte man dem oder der Ex noch eine Chance geben? Bevor man aber die seit Tagen gespeicherten Entwurfsnachricht an jene*n Ex abschickt, könnte man sich in Sachen „rar machen” ein Beispiel an Rihanna nehmen: „Believe It” ist ihr erstes Feature seit „Lemon” von N.E.R.D. 2017, nein, überhaupt das erste Rihanna-Material seitdem.
Rosalía – „Dolerme”
Es war mal wieder Zeit für einen Rosalía-Song, auf dem sich die katalanische Sängerin das Herz so richtig ausschüttet. Also, offensichtlicher als sonst. Nach Reggeaton-Features und einzeln releasten Songs im typischen Flamenco-Pop geht der Surprise-Drop „Dolerme” eher den Weg zu ruhigeren Tönen. Begleitet von Akustik-Gitarre, gedämpfter E-Gitarre à la 2000s-Pop und einem nicht ganz so subtilen Layer von Autotune (die cleanere Version gibt’s hier) singt sie über den good, old Herzschmerz: „Dolerme” heißt übersetzt so viel wie „Tu mir weh”. Rosalía wird trotzdem deutlich: „Diese Bitches, die du jetzt hast, die wissen nicht, was auf sie wartet” heißt es im Pre-Refrain. Was auf uns in Sachen zweites Album der Sängerin wartet, würden wir allerdings noch lieber wissen.