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Boyfriend Material: „Pose“- Schauspieler Ryan Jamaal Swain

Schon in den ersten Szenen der Ballroom-Serie „Pose“ macht dieser US-Schauspieler klar: I’m here to stay. Seine eigenen Gedanken aber tanzen um Aktivismus und Entertainment-Revolution und haben nur eine Richtung: Fortschritt.

Als Erstes erzählt Ryan Jamaal Swain von einem seiner letzten Termine. Eigentlich sollte es nur eine kleine Kostümprobe sein, vermutlich für eine seiner nächsten Bühnenrollen am Broadway – oder für eine Szene von „Pose“, der Serie, die Swain in die TV- und Streaming- Sphäre gebeamt hat. Egal wofür, an diesem Tag sollte er jedenfalls einen Anzug anprobieren. „Und auf einmal wurde das Fitting zu einem Meeting, bei dem wir besprochen haben, warum in einem Kleidungsstück wie dem Anzug Kulturen, Sexualitäten und Energien miteinander verschmelzen“, erzählt Ryan. Solche kleinen kulturphilosophischen Momente stehen nicht nur symbolisch für den Charakter des 28-Jährigen, sondern auch für seine Karriere. Ryan Jamaal Swain ist Teil des Casts der revolutionären Serie „Pose“, die in Deutschland auf Netflix läuft. Zentrum der Handlung ist New Yorks Ballroom-Szene der 80er- und 90er-Jahre, jede 40-minütige Episode bringt Themen wie die Ungerechtigkeiten gegenüber queeren People of Color, Trans-Diskriminierung oder den Kampf gegen HIV und Aids auf heimische Screens.

„Kunst hat die Kraft, Herz und Verstand umzulenken. Der nächste Schritt aber ist, sie tatsächlich zu verdauen: Nimm, was du gerade gesehen hast, denk darüber nach – und dann handle dementsprechend!“ – Ryan Jamaal Swain

Für Ryan ist es damit nicht getan. „Kunst war schon immer der Bereich, der Gedanken vorantreiben und weiterführen kann“, weiß der Schauspieler. „Kunst hat die Kraft, Herz und Verstand umzulenken. Der nächste Schritt aber ist, sie tatsächlich zu verdauen: Nimm, was du gerade gesehen hast, denk darüber nach – und dann handle dementsprechend! So viele Menschen sehen etwas, finden es interessant, kehren dann aber zum Stumpfsinn ihres Alltags zurück.“ Stumpfsinnig ist „Pose“ sicher nicht.

In der Serie legt Ryans Rolle Damon seine zunächst schüchterne Identität immer mehr ab und wächst in die Position als selbstbewusster, euphorischer Tänzer. Und genau hier kommt erneut die persönliche Entwicklung von Swain selbst ins Spiel, der sich das Überschreiten von Grenzen auferlegt hat. Für ihn fängt das zum Beispiel beim Styling an – kein Wunder also, dass eine einfache Kostümprobe schon mal zur Meta-Diskussion wird. Zu einer Premiere von „Pose“ erschien Ryan im XXL-Cape und mit Bob-Perücke, seine Augen von tiefschwarzem Eyeliner umrandet. „Mich interessieren Künstler, die Zeit und Raum verändern. Ich möchte junge Menschen darin bestärken, dass es okay ist, als maskulin wahrgenommene Person weiche Seiten zu haben. Es ist okay, als weiblich gesehene Person auch Formen, Kanten und Muskeln an dir selbst zu entdecken. Schon 1997 wurde im ,Australian Journal of Psychology‘ ein wunderbarer Artikel veröffentlicht, der davon handelt, dass man die eigene persönliche Entwicklung stoppt, wenn man nicht beide Seiten der Medaille berücksichtigt.“

„Nach Serien wie ,Pose‘ bin ich gespannt, wie aus Fortschritt bald Normalität wird“ – Ryan Jamaal Swain

Ryan identifiziert sich selbst als queerer, schwarzer Mann. Gerade probt er im Norden von New York City für seine nächste Bühnenrolle, das Stück heißt „The Black Male“, seine Rolle wird Love genannt. Dass es gerade außerhalb seiner Blase immer noch nicht einfach ist, die eigene Wahrheit der Sicherheit vorzuziehen, ist Ryan bewusst. Aber: „Durch Serien wie ,Pose‘ oder Marvel-Filme mit queeren Superhelden, durch queere Präsidentschaftskandidaten und Politiker bin ich gespannt, wie aus Fortschritt in Zukunft Normalität wird.“ Der Schlüssel zu solchem Fortschritt liegt für Ryan eben auch – oder vor allem – in der queeren Community. „Bei jeder Bürgerrechtsbewegung und jedem Fortschritt waren queere Menschen an vorderster Front. Auf Fotos sieht man sie aber nicht, obwohl sie für den Erfolg vieler Angelegenheiten gekämpft haben.“

„Unsere größte Aufgabe als Schauspieler ist es, das Leben und die Menschheit zu reflektieren“ – Ryan Jamaal Swain

Ryan spricht in langen Monologen über noch viel mehr Gedanken zum gesellschaftlichen Progress, aber auf die Frage, welche Botschaft man aus unserem Gespräch noch mitnehmen sollte, hat er klare Antworten. Es geht um die Diskussion der Besetzung von Trans-Rollen. Genauer: um die kontroversen Kommentare, die Schauspielerin Scarlett Johansson dazu gemacht haben soll. Sie dürfe als Schauspielerin frei sein, jeden Menschen, Baum oder jedes Tier zu spielen. „Unsere größte Aufgabe als Schauspieler ist es, das Leben und die Menschheit zu reflektieren“, findet Ryan. „Ich meine damit nicht, dass man nur noch Rollen spielen darf, die der eigenen Sexualität entsprechen. Aber wenn es um Identität geht, darum, den Platz für junge Talente zu räumen, und du nicht bereit bist, wirklich in die Position der Person einzutauchen, wenn du keine Agenda für Trans-Menschen verfolgen kannst – dann tu es einfach nicht. Die Rolle einer Trans-Person mit der eines Baums zu vergleichen ist verdammt noch mal inakzeptabel. Schreibt das gerne rein.“ Für eine Frage nach Ryans Inspiration blieb dann keine Zeit mehr. Die Antwort hat er in all seinen Monologen aber schon geliefert. Er selbst.

Fotos: Michael Creagh 
Styling & Creative Direction: Mickey Freeman
Haare: Amira Jannah
Make-Up: Melange NYC by Eve Chen

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Robin Micha
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