Bewegung oder Stillstand? 4 Expert*innen beschreiben den Status Quo des Nachtlebens – mit Support von Dr. Martens
Veranstalter*innen, DJs und Gäste – die Energie des Partylebens bleibt auch trotz wechselnder Öffnungen in den Köpfen vieler erhalten. Mit vier von ihnen sprechen wir hier über die aktuelle Lage der Kulturszene.
Als eine Art Familienersatz wurden Partygemeinschaften schon beschrieben. Auch als Raum der Freiheit. Als Rückzugsort vor den großen Fragen der Realität, als Safe Space für die Gruppe von Menschen, unter denen wir uns entspannt fühlen können. „Eine Party ist immer ein Spiegel der Gesellschaft, den man ihr auch vorhalten will“, sagt Markus, Betreiber hinter der Partyreihe Porzellan Bar, bei unserem Fotoshooting in Berlin. Momentan hat dieser Spiegel aber nach wie vor einen Sprung. Das Nachtleben bleibt überall in Deutschland beeinträchtigt von der Pandemie. Clubbetreiber*innen wie Künstler*innen und Besucher*innen gehen unterschiedlich damit um. Zum einen schmieden sie einfallsreiche Alternativpläne, müssen den Geduldsfaden zum anderen aber auch mal reißen lassen.
4 Club-Expert*innen sprechen über Realitäten und Bedeutung von Clubkultur
Es gibt aber auch andere Gefühle. Denn so schnell eine Partynacht auch vorüberzuziehen scheint, so sehr hallen die damit verbundenen Gefühle und Bedeutung für alle Beteiligten noch nach. Für diejenigen, die bis hierher durchgehalten haben, ist Partyleben nach wie vor nicht vergessen, sondern nur eingeschränkt, höchstens aufgeschoben. Das führt dazu, dass wir uns die kulturelle Bedeutung von Clubkultur immer mal wieder ins Gedächtnis rufen müssen. Und das gilt übrigens auch außerhalb von Metropolen wie Berlin. Dort haben wir uns aber mit Dr. Martens zusammengetan, um vier „Party-Expert*innen” zu portraitieren. Dr. Martens hat schon viele kulturelle Bewegungen begleitet und trägt seit jeher Musik in der Brand-DNA. So gibt die britische Marke auch in der aktuellen Lage Künstler*innen, Artists und Musiker*innen eine Stimme und unterstützt das Club- und Nachtleben. Teil davon sind auch die Stimmen der Hosts Markus und Sara, von Creative Director und Künstler Stefan sowie Producer und DJ Ennio. Hier erzählen sie von ihren Erfahrungen, Gedanken und Meinungen zum Status Quo des Club Life.
Fotografiert in der „Urban Protection” Kollektion von Dr. Martens
Obwohl wir die vier an diesem kalten Dezembertag nicht draußen fotografiert haben, war die Luft auch in der Berliner Location zugig genug. Passend dazu standen verschiedene Modelle der „Urban Protection” Kollektion von Dr. Martens zu Verfügung, in der klassisch-ikonische Boots zu winterfesten Modellen werden. Soll heißen: Klassiker-Boots wie „1460 Pascal” oder „Jadon” kommen in geupdateter Form mit haftenden Sohlen, Fleece-Futter, Fake-Fur oder Schutz vor Wasser, Salz und Splitt. Mit einem roughen Äußeren sind die Modelle perfekt geeignet für den holprigen Family-Spaziergang an den Feiertagen, passen aber eben auch in lange Nächte voller lebendiger Geschichten, wie sie Markus, Stefan, Sara und Ennio kennen. Und bevor wir euch weiter aufhalten, seht und hört selbst davon!
Markus, Betreiber der Eventreihe PorzellanBar und Bandmember von Lea Porcelain
Markus trägt das Modell „1460 Pascal Warmwair Valor”.
Für Markus dreht sich bei einer guten Party alles um die Musik. Verständlich, schließlich ist er nicht nur Organisator für die „Porzellan Bar“, sondern auch noch selbst Sänger der Band Lea Porcelain. Mit beiden Jobs hat er ein musikbegeistertes Publikum gefunden: Bei der Porzellan Bar kämen die Gäste auch noch Donnerstags vorbei, obwohl sie am nächsten Morgen früh für die Arbeit raus müssten, erzählt Markus. Alles für die Musik. Aber auch diese Crowds haben sich – natürlich – in den vergangenen zwei Jahren verkleinert oder zurückgehalten. Das hat einen Effekt auf Markus und sein Umfeld: „Wir sind Menschen, die zu 100 Prozent Kunst machen und deshalb gerade geplagt sind von der Pandemie.” Die Szene selbst habe sich dabei aber gegenseitig geholfen, fügt er hinzu: „Es hatte dieses Jahr was von ’nem Familienersatz: Die Leute erfahren Rückhalt, wissen, dass sie hier hingehören, hier einen Job haben, ihre Kunst verfolgen und natürlich auch auf den Partys auflegen können. Dass es eben mal wieder einen Ort gibt, wo man selbst sein kann – das war uns wichtig.”
Das gilt übrigens auch für Künstler*innen: Markus hält nichts von Exklusivitätsabkommen, die Artists an einen bestimmten Club binden. Einen bestimmten Look hätte jede Party seiner Meinung nach aber schon. Es brauche „die Paradiesvögel genauso wie die straight-up Feierleute”, sagt Markus, denn sie prägen Looks von Berghain bis Porzellan Bar. Dort ist er übrigens nicht nur Betreiber, sondern sieht sich auch selbst als Gast. Im Umkehrschluss nimmt er aber bei anderen Events auch mal spontan die Position des Veranstalters ein und hilft aus – so zum Beispiel bei Gigs von Ennio, zu dem ihr weiter unten mehr lest.
Sara, Künstlerin
Auch Sara werdet ihr treffen, falls ihr in Zukunft mal die Porzellan Bar besucht. Sie ist die Partnerin von Markus und neben ihrer Arbeit als Künstlerin ebenfalls in der Eventreihe engagiert. Sie stimmt Markus zu, wenn es darum geht, dass die Musik der allerwichtigste Faktor fürs Feiern ist: „Für mich ist eine Party wie ein Konzert, sie ist ein Moment von Performance, Menschen sehen den Künstler*innen zu, werden inspiriert. Es ist ein geteilter Moment. Der Höhepunkt liegt darin, die Performance zu genießen, aber gleichzeitig auch an ihr teilzunehmen.”
Sara (rechts) trägt das Modell „1460 Pascal Wintergrip” von Dr. Martens.
Wie diese Teilnahme aussieht, ist aber nicht frei von Grenzen, Regeln und Reflexion. Auf die Frage, wie sie mit Diskussionen darüber umgeht, wer welchen Raum einnimmt, antwortet Sara: „Gäste, die zu einer Party kommen, sollten nicht nur Erwartungen haben, sondern auch Verantwortungen: Aufpassen, als wäre es ihr eigenes Event, weil es das tatsächlich auch ist. Respektvoll mit dem Raum und den Menschen um sie herum umgehen. Ich habe aber das Gefühl, dass die Art und Weise, wie Menschen in Berlin Party machen, ziemlich schön, offen und respektvoll ist.“ Eine gute Crowd lebt laut Sara auch von dem passenden Mix im Line-Up der Artists, die auflegen oder auftreten. „Ein diverses Line-Up sorgt immer dafür, dass eine Crowd aus Menschen mit verschiedenen Hintergründen zu einer Party kommt. Partys sind auch ein privater Ort, also kann jede Party hier selbst den Einlass regeln. Ehrlich gesagt bin ich aber kein Fan von Selection, mir geht es eher darum, allen eine Möglichkeit zu bieten.” Lieber würde sie eine Person erst dann bitten zu gehen, wenn sie sich respektlos verhält, so Sara. Und vielleicht sind ihr diese Einstellungen während der Pandemie in den Sinn gekommen, als sie sich Zeit nahm, über die Hintergründe ihrer Events nachzudenken. Das Ergebnis: „Wir hatten einen Moment, um darüber zu reflektieren, wie wir mit Menschen interagieren wollen, was wir aus einer Party machen wollen. An diesem Punkt fängt ein neuer Weg an, der besser dazu passt, wer wir sind. Das Gleiche gilt für [Markus und mich], wenn wir selbst Party machen.”
Ennio, Produzent und DJ
Ennio trägt den Boot „1460 Pascal Warmwair Valor”.
Zum „Summer of Love 2.0” ist der Sommer 2021 sicherlich nicht geworden. Für DJ und Producer Ennio hat er aber doch zu einigen Neuerungen im Clubleben geführt, die durchaus positiv gesehen werden können. Besonders in Berlin sei eine neue Energie zu spüren gewesen, sagt er: „Aus der Not heraus wurde experimentiert und ausprobiert: Es entstand ein DIY-Modus, es haben sich viele Kollektive zusammengeschlossen. Weil viele Clubs geschlossen waren oder entsprechende Lizenzen nicht hatten, waren mehr Off-Locations am Start, bzw. Locations, die vorher nicht so relevant oder sichtbar waren.”
Gerade wie Clubs aber – natürlich innerhalb der allgemein schützenden Auflagen – in Berlin reglementiert werden, stört Ennio dennoch. „Aktuell herrscht hier Tanzverbot – das ist ein hinterhältiger Move, um keine Verantwortung zu tragen. Clubs dürfen öffnen, bekommen daher derzeit keine finanzielle Unterstützung mehr. Aber was bleibt den Clubs mit dem Tanzverbot? Jeden Sonntag Brunch anbieten?!” Einer seiner eigenen Lösungsvorschläge: Ein*e Nachtbürgermeister*in, der*die zwischen Stadt, Clubbetreiber*innen und Anwohner*innen vermittelt, so, wie es das in europäischen Städten wie Amsterdam schon gibt. Eigentlich spricht aber vor allem das soziale Vermissen aus Ennio – nicht nur als DJ-Stable bei Partyreihen wie „Kinky Sundays“ in Hamburg, sondern auch als Gast selbst. Er denkt dabei zurück an den Sommer, der ein zweites großes Erleben hätte sein können: „Es war so schön, endlich wieder Musik laut zu hören. Nicht über Kopfhörer, sondern im Club, gemeinsam mit anderen Menschen.”
Stefan, DJ, Creative Director und Fotograf
Stefan trägt auf diesen Bildern den „Jadon Furlined Plateau Boot” aus der „Urban Protection”-Kollektion von Dr. Martens.
„Ein Reset, eine Abzweigung, die aus dem Tunnel rausführt” – DJ und Creative Director Stefan denkt an viele Metaphern, wenn es darum geht, seine letzten zwei Jahre zu beschreiben. Vieles sei aber auch schnell wieder zu alten Routinen zurückgekehrt, sagt er. Stefan hat Multimedia und Virtual Reality studiert und arbeitet auch als Fotograf. Seine Rückbesinnung auf das, was vorher war, muss aber nicht nur von der Flucht ins Vergangene geprägt sein. Gerade jetzt schöpft Stefan durch die Verbindung von seiner Ausbildung mit Partyleben aus alldem, was er vor Jahren gelernt hat.
„Schon im Studium habe ich mich voll auf die Event-Schiene fokussiert und angefangen, für Clubs und Festivals zu arbeiten und irgendwann für große Unternehmen”, erzählt er. „Ab einem gewissen Punkt musste ich meine Ideen visualisieren, um sie dem Kund*innen vorzustellen. Dann bin ich wieder zurück zu dem gekommen, was ich eigentlich studiert habe. Wenn ich jetzt zum Beispiel den Auftrag habe, das Konzept für einen Raum zu entwickeln, baue ich diesen Raum komplett in 3D vor, mit Lichteffekten und allem. Und wenn der Raum beim Betreten in der Realität genauso aussieht wie im Rendering, ist das schon cool.” Auch außerhalb von 3- und 2D kann das Wort „Raum” im Kontext von Party bekanntlich vielfache Bedeutungen haben: Es geht, wie schon Sara sagt, nicht nur um die Location, sondern auch den sozialen Raum, den wir einnehmen. Hier plädiert Stefan aber für Freiheit: „Nicht nur die Szene, sondern die ganze Gesellschaft lebt ja von Offenheit und einem Austausch, der stattfindet und bei dem jede Meinung gehört werden sollte. Als Veranstalter*in trägt man Verantwortung, einen Raum zu schaffen, wo diese Freiheit gefördert wird.”
In Kooperation mit Dr. Martens.
Fotos: Ansgar Sollmann
Styling: Nina Petters
Produktion: Jenny Weser
Haare & Make-Up: Melanie Hoppe using Oribe & Fenty Beauty
Foto-Assistenz: Jochen Wochele
Social Media BTS & Assistenz: Kristin Roloff
Interview & Text: Robin Micha & Jenny Weser
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