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Popkultur Dekade

Memes, MeToo & more: Editor Martyna Rieck über die prägendsten Popkultur-Momente der Dekade

Mit dem Ende der 2010er-Jahre schießen auch die Best-Of-Rankings aus dem Boden. Die prägendsten Momente der vergangenen Dekade zu rekapitulieren ist keine leichte Aufgabe, denn gefühlt haben uns die Stars aus Musik, Film, TV (heute als Streaming bekannt), Politik und dem Web so viel kulturellen Zündstoff geliefert, dass eine mehrteilige Dokumentation daraus produziert werden könnte. Aber das überlassen wir lieber Netflix. Euch präsentiert unsere Redakteurin ihre subjektiv ausgewählten Wow- & Tschau-Momente.

Beauty- & Körperbild

Popkultur war schon 2010 voll mein Ding und meiner leichten Leidenschaft konnte auch mein literaturwissenschaftliches Studium, das ich 2010 gerade begonnen hatte, keinen Abbruch tun. In der Uni ging es um Don Delillos Dystopien, privat verfolgte ich den Aufstieg von Cara Delevingne und ihren Industry-changing Augenbrauen. Und da wären wir schon beim ersten einflussreichen Moment der vergangenen zehn Jahre: Die Veränderung des Beautystandards hat für mich in dieser Dekade definitiv mit den perfekten Brow-Bögen der heutigen Schauspielerin begonnen. Übermäßiges Zupfen war over und alle so „yeah“. Oder? Kurzzeitig schon. Schnell kristallisierte sich aber heraus, dass auch der neue Trend seine Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Denn: Die wenigsten von uns wurden von Natur aus mit so viel Haar oberhalb der Augen gesegnet, wie die liebe Cara. Und doch löste die dick nachgemalte Balkenbraue die skinny Brow der 2000s ab. Das Motto „everyone is beautiful“ zog sich dennoch weiter durch die Branche und erreichte in der zweiten Hälfte der Dekade auch die Laufstege. Cara bekam neue Kolleginnen wie Ashley Graham. 2019 ist die Industrie diverser denn je. Hier den Einfluss der Kardashians nicht zu erwähnen, wäre unfair. Hier noch mal zum Vergleich:

2010:

2019:

Auch wenn die 2010’er Jahre ein guter Anfang waren, steht uns bis zur medialen Abbildung aller noch ein langer Weg bevor!

Politik

Das erste, was mir bei #MeToo und #TimesUp in den Kopf kommt, sind nicht die Gesichter von Donald Trump, Harvey Weinstein, Bill Cosby, R.Kelly, Chris Brown, Roger Ailes, Brett Kavanaugh, oder Louis C.K. – es sind die der unzähligen Frauen, die sich gegen die Machtausnutzung und (sexuelle) Gewaltverbrechen gewehrt und ihre Peiniger angeklagt haben. Ihr Mut ist es, der spätere Generationen mit einer neuen Sensibilisierung aufwachsen lässt. Ihr Kampf ist es, der Genderrollen angefangen hat zu zerschlagen und ihre Geschichten sind es, die das Schreiben neuer Kapitel ermöglichen. Hier kommt auch kein Witz oder dummer Spruch, denn noch sind wir lange nicht am Ziel der absoluten Gleichberechtigung.

WFT-Moment

Vom ernstesten zu einem der leichtesten Momente: Meine Wahl für den größten Skandal fällt in diesem Fall auf die Enthüllung von Justin Biebers, ähem, eigenem „Bieber” auf Bora Bora. Als die (ersten) unten-und-oben-ohne-Fotos 2015 – fünf Jahre nach dem Debüt von „Baby“-Bieber – erschienen, war ich bereit für einen neuen Justin, einen erwachseneren Justin, einen frechen Justin. Oh, und wie wir den bekommen haben! Und heute, weitere fünf Jahre und viele WTF-Momente, etliche Selena Gomez Tränen und musikalische Bobs später, finden wir 2019 einen verheirateten und gottesfürchtigen Justin vor. Was wohl die nächste Dekade bringen wird? Ein Bieber Baby würde den Kreis definitiv schließen…

Mode

Als Lady Gaga bei den MTV Video Music Awards 2010 auf die Bühne ging, um ihre Trophäe für das Video des Jahres entgegenzunehmen, rockte sie ein Kleid aus reinem Fleisch. Das von Franc Fernandez entworfene Outfit löste gleich mehrere Diskussionen aus. Tierschutzorganisationen gingen auf die Barrikaden und gleichzeitig wurde wegen des nominierten „Alejandro“-Videos über schwule Soldaten gesprochen – ein kultureller Mix, den nur die Lady hinbekommt. Viel hat sich seitdem verändert – bei uns, in Sachen Veggie-Sensibilisierung, für LGBTQI-Soldaten und für Gaga – doch ihre modische wie musikalische Message ist die gleiche geblieben: Kulturelle Veränderungen brauchen einen Schockmoment, um genug Gehör zu finden. Wo sie Recht hat …

Digitales

Ich muss zugeben, dass die Wahl meines liebsten Memes mir mit Abstand am schwersten gefallen ist. Was das über mich aussagt? Da möchte ich mich ungern zu tief reindenken – mein Therapeut wird sicher seinen Spaß mit dieser absurden Beobachtung haben. Aber es ist schon so, dass uns seit dem Rise der Memes, Gifs und Vines für jedes Gefühl, jede Situation und jede Problematik eine kulturelle Abkürzung geschaffen wurde. Ein Meme zu posten sagt: „Hier guck. Das bin ich, das fühle ich, so sehe ich mich!“ Memes sind so etwas wie ein Persönlichkeits-Schnappschuss. Memes zeigen Kreativität, Memes zeigen kulturelle Bewandtnis. Vielleicht fällt mir die Auswahl deswegen so schwer, denn heute identifiziere ich mich hart mit Side Eye Chloe – morgen aber mag das Cry Face von Chrissy Teigen der perfekte Ausdruck meiner Mood sein. More Memes, more Problems?!

 

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Generationen und Desaster

Noch ein Meme, das übergeordnet für unsere Maßlosigkeit und Hype-getriebene Fomo-Kultur steht, ist das Fyre Festival Käsebrot. Nichts steht mehr für die Faszination mit Schwindler*innen als das traurige Toast in der Styroporbox. Die karge Mahlzeit war alles, was Influencer*innen, Halb-Promis und reichen Kids blieb, als das von Billy McFarland und Ja Rule verkackte Festival buchstäblich ins Wasser fiel. Und das obwohl ihnen ein Wochenende voller Ekstase, (guter) Musik und paradiesischer Ausblicke auf einer Trauminsel versprochen wurden. Eigentlich wäre der Ausgang das Fyre Festivals eine Tragödie, wenn die Kundschaft nicht die fleischgewordene Kritik an Millennials und Generation Z gewesen wäre. Die Twitter-Gemeinde leckte sich beim Eintrudeln der ersten Fail-Posts die Finger. Zusammengefasst ist das hier die populäre Meinung über die „armen Besucher”: „Wer 15.000 Euro die Nacht für ein Luxus-Bungalow hinblättert, sein Cashless-Pay-Armband mit genauso viel Taschengeld für drei Tage Party auf Pablo Escobars Insel auflädt, nur um Selfies zu machen und Blink-182 zu hören, hat es nicht anders verdient, als einem Schwindler in die Hände zu laufen.“ Autsch!

Medien

Konsumiert haben wir in dieser Dekade mehr denn je. Und damit meine ich nicht nur physische Güter (Hypes, Supreme sei Dank) – auch in Sachen Beschallung und Entertainment besteht seit Netflix und Co. die Möglichkeit, 24/7 von unterhaltsamem Lärm umgeben zu sein. Ich möchte nicht leugnen, dass auch ich meine Watchlist einem ständigen Statuswechsel von „maßlos überfüllt“ zu „völlig leergefressen“ aussetze. Ein Medium, das mich aber noch mehr durch einsame Stunden begleitet hat, sind Podcasts. Allen voran True-Crime Podcasts! Angefangen hat alles mit the One, the Only, „Serial“. Jede*r, der oder die in den Genuss von Sarah Koenigs sanfter Stimme und spannendem Storytelling kam, kann nachvollziehen, dass der Mord an Hae Min Lee erst der Anfang einer bis heute anhaltenden Reise voller schlafloser Nächte gewesen ist. Aktuell labern mich Karen Kilgariff and Georgia Hardstark von „My Favorite Murder“ voll. Sie müssen den Podcasts zu aktuellen Fällen wie dem College Admission Skandal um Lori Loughlin oder Verschwörungstheorien zu Jeffrey Epsteins Tod weichen. Ich würde nicht so weit gehen und die zwei Podcasterinnen als meine Freundinnen bezeichnen, aber: Sie sind immer da, wenn ich sie brauche, wir haben ähnliche Interessen und nachdem ich Zeit mit ihnen verbracht habe, geht es mir besser. Ich weiß, dass es vielen Menschen so geht. Fakt ist: Podcasts begleiten uns seit dieser Dekade genauso durchs Leben wie Musik. Sie informieren, bilden weiter, unterhalten und können sogar Trost spenden.

 

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Ich für meinen Teil hoffe auf eine popkulturell genauso aufregende nächste Dekade – nur auf die Trumps dieser Welt könnte ich persönlich herzlich gern verzichten. In diesem Sinne: Happy covfefe und bis nächstes Jahr!

Honorable Mentions: Ahhh ich habe so viel vergessen! Aber die Fomo lasse ich nun wirklich in der vorherigen Dekade.

Headerillustration: Sofia Rezunov

Noch mehr Endjahres-Stoff haben wir hier: 

Euer kompletter Astro-Ausblick für das Mondjahr 2020
10 Years of Fashion: NYLON Fashion Director Nina über ihre besten Modemomente der Dekade
A Decade in Music: NYLON-Redakteur Robin über seine liebsten Alben der letzten 10 Jahre

Martyna Rieck
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