Fashion News der Woche: Die Paris Fashion Week 2019 war vor allem unverblümt
Man könnte die Paris Fashion Week 2019 in dieser Saison ganz schön reißerisch beschreiben: XXL-Nackt-Performances, scheinbar operierte Gesichter und auch noch ein Flitzer auf dem Laufsteg – warum dahinter natürlich trotzdem Stil steckt, erfahrt ihr in unseren Lieblingsmomenten.
Headerbild: David Fisher/Shutterstock via NYLON.com
XXL-Video von Producerin SOPHIE schließt die Louis Vuitton Show
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Die ein oder andere Show der Paris Fashion Week 2019 dürfte Zuschauer auch dieses Mal zu Tränen bewegt haben. Louis Vuitton schickte dazu die passende Message auf den Laufsteg: Auf einer riesigen LCD-Leinwand lief das Musikvideo zu „It’s Okay To Cry“ von der schottischen Producerin SOPHIE. Kurzer Flashback: SOPHIE zählt zu den gefeierten Pioneer-Produzentinnen im experimentellen Pop und hat im Mainstream schon Songs für Madonna, Charli XCX, Kim Petras, Vince Staples oder MØ produziert hat. Das genannte Video sorgte schon 2017 für mehr Aufsehen um SOPHIE, da sie sich zum ersten Mal mit ihrem eigenen Gesicht in Visuals zeigte. Dort performt sie den Song oberkörperfrei und tanzt später unter Regen und einem animierten Gewitter. Zum körperlich wie farblich expressiven Video passt auch die Kollektion von Vuitton-Designer Nicholas Ghesquière: Zwar sind viele der musterreichen Mäntel und Kleider hochgeschlossen oder präsentieren einen klassischen Stehkragen, zeigen dafür aber Bein – in Kombination mit geschnürten Lackboots. An anderer Stelle spielt der Designer mit förmlichen Blusen und pustet ihre Schulterpolster auf oder verlängert Blusenkragen auf XXL-Ausmaß. Und wer sich spätestens von Sophies XXL-Performance so berührt gefühlt hat, dass ein paar Tränchen kullerten, wird sich vielleicht auch einen der schlichten Bowler-Hats vom Runway ins Gesicht ziehen wollen. Aber hey, it’s okay to cry, after all.
Struktur und Shape: Balenciaga zeigt klare Linien
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Es fängt an mit den scharfen Wangenknochen sämtlicher Models (Lady Gaga who?) und hört vermutlich mit den wippenden, kreisrund abfallenden Krinolinen-Röcken der Kleider auf. Balenciaga setzt in der ersten Kollektion nach der Bekanntgabe über den Ausstieg von Designchef Demna Gvasalia bei Vetements auf klare Strukturen und Ansagen. Vielleicht folgt auch daraus die Inspiration, dass die Show wie in einer Art Parlamentssaal inszeniert wird. Die simplen Messages, die sich Nationen weltweit nach wie vor von Politikern wünschen, liefert das Designteam um Gvasalia durch klare Schnittkannten oder den einzelnen Einsatz von Materialien. Und trotz so viel Klarheit wirft auch diese Kollektion weitere Fragen auf: Magazine fragen, wann wir nach Lady Gaga und nun dieser Präsentation von messerscharfen Runway-Knochen zur kosmetischen Angleichung übergehen werden? Sehen wir die dramatischen Kleider bald auf dem roten Teppich? Unter anderem liefen übrigens auch nicht professionelle Models, sondern „ganz normale” Angestellte über den Laufsteg. Also noch eine Frage: Was ist die Zukunft für High Fashion Models? Demna, uns raucht der Kopf.
Das spannendste Accessoire: Ein Bucket Hat, der ein Bucket hat ist
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Für das wohl mitunter auffälligste Accessoire der Paris Fashion Week 2019 dürfte Nina Ricci gesorgt haben. Die Kreativdirektoren des Labels, Lisi Herrebrugh und Rushemy Botter, schickten Bucket Hats auf den Laufsteg – aber nein, nicht so wie ihr denkt. In diesem Fall hat die Marke den Begriff ziemlich wörtlich genommen und den Models waschechte Eimer aufgesetzt. Für wen das gar nicht nach High Fashion klingt, der sollte einmal genau hinsehen. Immerhin kann der Hut lediglich durch sein Rillen-Design am Boden des Eimers (bzw. am oberen Ende des Hutes) und sein übergroßes Ausmaß als Eimer enttarnt werden. Das feine Material und die Kombination mit knallfarbigen oder aufwendig gearbeiteten Kleidern lassen die Accessoires aber fast schon als Statement-Teile durchgehen. Anders sieht das bei der zugehörigen Taschen aus: Die dürfen in Lackoptik und Farben wie Rot oder Grün direkt als kleiner Eimer verstanden werden. Genauer benennt Nina Ricci die Modelle sogar als „Beach Bucket Bags“ und beschreibt auf Insta, dass die Stücke „Kindheit als scharfe Objekte kristallisieren“ sollen. Ob die Models in der nächsten Saison dann vielleicht Sandburgen auf dem Runway bauen?
Drohnen und Dance: Issey Miyake hat neue Ideen
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Ob ihr Drohnen creepy findet oder cool und die Fusion von Tech und Fashion spannend oder cringey, egal. Die Show von Issey Miyake dürfte einen jeden Zweifler zum Umdenken bewegen. Das Szenario: Ein Model betritt die Halle nur mit Unterwäsche bekleidet. Von oben senkt sich eine kreisrunde Drohne herab, in deren Mitte zum Beispiel ein Plisseekleid und ein Hut gespannt sind. Die Drohne senkt sich über das Model, sie zieht das Outfit an, und fängt zu tanzen, zu springen. Was klingt wie ein Crossover aus der Matrix und einem Hippie-Film gehört zu den spannendsten Show-Inszenierungen, die bei dieser Fashion Week die Runde auf Social Media machten. Issey Miyake findent den Weg zwischen Technologie und Fashion weder in der gezwungenen Kollaboration zweier Welten noch im experimentellen Chaos. Vielmehr ist seine Kollektion das, was all die Momente auf der Fashion Week versuchen, zu sein: Etwas Neues.
Marie S’Infiltre: Das ist die Frau, die Chanel gecrasht hat
Lange wurde bei den (zugegeben quasi immer atemberaubenden) Paris Fashion Week Shows von Chanel über nichts berichtet als eben das: die Show. Kein Wunder, schließlich dürfte es besonders schwierig sein, einer der wichtigsten Modemarken der Welt bei einer der wichtigsten Defilées der Fashion Week wortwörtlich die Show zu stehlen. Geschafft hat das in dieser Woche die französische YouTuberin Marie S’Infiltre, die bereits zuvor die Show des Labels ETAM gecrasht hatte. Bei Chanel hüpfte sie am letzten Tag der PFW einfach an der Front Row vorbei und sprang in einem schwarz-weiß karierten Kostüm auf den Runway, wie ein kurzes Video auf ihrem Kanal zeigt. Weder von den (fast ausschließlich mit dem Handy filmenden) Zuschauern noch von den Models wird S’Infiltre zunächst aufgehalten. Dann folgt der Moment, der im Internet fast für mehr Hype gesorgt hat, als S’Infiltres tatsächliche Aktion: Gigi Hadid stellt sich ihr in den Weg und eskortiert den Eindringling bestimmt von der Bühne. Eine letzte Pose lässt sich Marie S’Infiltre aber nicht nehmen. „Ist verdammt schade, dass es keine Audiodatei vom Gespräch zwischen dir und Gigi gibt”, schreibt eine Userin unter S’Infiltres YouTube-Video. Ob sich dieser Austausch noch irgendwo auftreiben lässt? Internet, do your thing!