Fitnessstudio und Corona: Wird unser Workout je wieder dasselbe sein?
Home-Workout machen? Zweite Welle abwarten? Mitgliedschaft kündigen? Wenn’s um das Fitnessstudio und Corona geht, bleiben viele Fragen offen. Und auch in Deutschland kehren immer mehr Angebote zurück. Was aber passiert, wenn wir wieder ins Gym gehen – und wollen wir das überhaupt?
Die Zeit im Lockdown hat viel in unser aller Leben verändert – von Arbeitsroutinen bis hin zu unseren Beziehungen (Dates per Videochat, anyone?). Dasselbe gilt für die Art und Weise, wie wir trainieren – Stichwörter Fitnessstudio und Corona. Ein eigenes Studio ist für die meisten Menschen keine Realität. Also gehörte ein Besuch im solchen für viele einfach zum Alltag. Während die einen auf Joggen im Freien zurückgriffen, wandten sich andere den zahlreichen kostenlosen Trainingsangeboten auf YouTube und Co zu. Und dann gibt es noch diejenigen, die die Mitgliedschaft in ihren Fitnessstudios behalten haben und deren Live-Übertragung von Online-Kursen nutzen. Dazu braucht es nur noch eine minimale Ausrüstung wie eine Yogamatte, einige Gewichte oder Stretchbänder. Große Investitionen sind das nicht.
Fitnessstudio und Corona: Vom Gym ins eigene WLAN
Es gibt aber auch ausrüstungsfreie HIITs (High Intensitiy Intertavel Traning) oder auf Körpergewicht basierende Workouts, die die bisher bekannte Struktur der Fitnesswelt auf den Kopf stellen. Boxen, Barrentraining, Pilates, Bodybuilding, Yoga – alles ist von zu Hause aus möglich, solange es eine funktionierende Internetverbindung gibt. „Als COVID eintraf, haben wir schnell alles angekurbelt, um unseren Verbrauchern digitale Dienste anzubieten“, sagt Rick Stollmeyer, CEO der Gesundheits- und Wellness-App Mindbody. „Wir haben der App und Website einen neuen Suchfilter hinzugefügt, damit Verbraucher virtuelle Fitnesskurse und Wellness-Erlebnisse leicht finden und buchen können. Mit dieser Funktion ist es nun möglich, alle Dimensionen der ganzheitlichen Wellness zu erforschen, unabhängig davon, wo auf der Welt man sich befindet”. Akin Akman, Mitbegründer von AARMY, einem neuen „Boutique-Training”, äußert ähnliche Gedanken. „Am Morgen, nachdem wir unsere Studios in New York und L.A. geschlossen hatten, haben wir uns sofort für ein Livestream-Training entschieden“, berichtet er. „Seitdem sind wir seit über 110 Tagen mit mehrstündigen Live-Programmen aller unserer AARMY-Trainer im Einsatz, um unser Team stark und positiv zu halten.”
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Doch während die meisten Fitness-Unternehmen ihre Modelle an die aktuelle Zeit anpassen oder verschieben müssen, gibt es einige, die schon immer dafür konzipiert waren, bequem von zu Hause aus bedient werden zu können. In den USA ist Stryde dafür ein passendes Beispiel: Das Angebot besteht aus einem individuell anpassbaren, „kostengünstigen” Fitness-Fahrrad und einer App, die zusammen als erschwingliche Alternative zu vergleichbaren Marken gelauncht wurden. In der Vergangenheit hat das Unternehmen mit einer Reihe von Fitnessstudios zusammengearbeitet, die eine größere Auswahl an Kursen anbieten als die Heimversion. Dennoch war es schon immer das Alleinstellungsmerkmal von Stryde, trainieren zu können, ohne das Haus verlassen zu müssen.
Wer traut sich zurück ins Studio?
Aber jetzt, wo Fitnessstudios wieder beginnen zu öffnen (in Deutschland beendet beispielsweise der Multi-Anbieter Urban Sports seine Corona-Pause zu Mitte August), bleibt die Frage offen, ob Kund*innnen zurückkehren werden. In den USA haben einige Studios bereits Pläne für eine mögliche Wiedereröffnung vorgelegt. Diese sehen separate Trainingsbereiche, Social-Distancing-Trainings, Temperaturkontrollen und im Voraus gebuchte Trainingsplätze vor. Wird das aber ausreichen, wenn wir vor einer möglichen zweite Welle des Virus stehen? Fitnessstudios können eine Brutstätte sein, in denen Atemwegserkrankungen schneller übertragen werden als in Restaurants oder Büros. Selbst wenn sie wieder öffnen, fühlen sich viele noch nicht wohl genug, wieder dort zu trainieren.
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„Ehrlich gesagt habe ich mein Geschäft schon vor Covid-19 eine ganze Zeit lang mehr in Richtung Internet verlagert. Ich weiß also nicht, ob ich überhaupt vorhabe, zu persönlichen Beratungen zurückzukehren“, sagt Alana Kessler, Ernährungswissenschaftlerin, Wellness-Expertin und Gründerin ihrer Ernährungs- und Yoga-basierten Praxis BeWell. „Was Yoga-Kurse angeht, so hoffe ich trotzdem, dass ich bald wieder persönlich Menschen unterrichten kann. (…)”
Mitgliedschaft gekündigt? Das sind Alternativen
Kessler bleibt mit ihrem Zögern, die persönliche Beratung wieder aufzunehmen, nicht allein. Das geht aus einer kürzlich durchgeführten Umfrage von Harrison Co hervor, einer verbraucherorientierten Investmentbank in den USA. 34 Prozent der Fitnessstudio-Mitglieder haben ihre Mitgliedschaft nach Corona gekündigt oder planen dies. Was also sind die Alternativen? Im Fit In, einem Boutique-Fitnessstudio in Brooklyn, New York, hat Gründerin Ife O auf einem Parkplatz bereits Trainingseinheiten mit Social Distancing ausprobiert. Von Kund*innen wird dabei erwartet, dass sie Masken tragen und sich an die Sicherheitsrichtlinien halten. Es mag sich kompliziert anhören, aber bisher scheint O es mit komplett ausverkauften Slots und Scharen von Anmeldungen geschafft zu haben.
„Ich gehe davon aus, dass die Zukunft der Wellness-Industrie durch weniger stationäre Locations, kleinere Kurse, verschmolzene Online-/Offline-Erfahrungen, Lieferung nach Hause, [Wellness im Arbeitskontext] und einen Trend zur Demokratisierung gekennzeichnet sein wird.” – Rick Stollmeyer, CEO von Mindbody
„Der Grund, warum unsere Kurse so beliebt sind, ist nicht nur, weil das Training gut ist, sondern weil es eine Zeit für Socialising ist“, erzählt Ife O NYLON. „Das Training verbindet und lässt uns mit Anderen zusammen zu sein, die uns motivieren können. Es ermöglicht auch, uns völlig von anderen Verantwortlichkeiten abzulenken und sich ohne Ablenkung zu 100 Prozent auf sich selbst zu konzentrieren. Das sind all die Dinge, die man im virtuellen Unterricht vermisst„. Dennoch ist der Sommer in vollem Gange und nicht gerade ohne Herausforderungen. „Mit der Sommerhitze sind Unterrichtsstunden ziemlich begrenzt“, sagt Ife O. „Die Mittagszeit war eine beliebte Zeit für uns im Studio, aber ohne Klimaanlage müssen wir uns an die Morgen- oder Abendstunden halten. Und unser Unterricht ist wetterabhängig, wenn es also stark regnet, finden keine Kurse statt. Aber wir hatten bisher Glück, dass sich diese Absagen in Grenzen gehalten haben. Man teilt den Raum schließlich auch mit anderen und respektiert das.”
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Das Fit In versucht sein Bestes, um genau die Aspekte eines persönlichen Trainings nachzuahmen, die unersetzlich sind. Und dazu gehört eben das allgemeine Gemeinschaftsgefühl, auf das eine Reihe von kleineren Fitness-Angeboten angewiesen sind. Diese können trotz des technischen Fortschritts einfach nicht auf einen Computerbildschirm oder ein Tablet übertragen werden, ähnlich wie das Abhängen mit Freunden. Dennoch ist eine spürbare Veränderung in der Art und Weise, wie die Branche strukturiert ist, unvermeidlich – aber zu welchem Preis?
„Ich gehe davon aus, dass die Zukunft der Wellness-Industrie durch weniger stationäre Locations, kleinere Kurse, verschmolzene Online-/Offline-Erfahrungen, Lieferung nach Hause, [Wellness im Arbeitskontext] und einen Trend zur Demokratisierung gekennzeichnet sein wird“, sagt Rick Stollmeyer von Mindbody. „Diese Welle wird durch künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Videostreaming und vernetzte Geräte ermöglicht werden.”
Virtuelle Trainings sind fester Teil der neuen Routine
Eine vor kurzem durchgeführte Mindbody-Umfrage ergab außerdem, dass zwar 93 Prozent der Verbraucher zu ihrer früheren Routine zurückkehren würden, sobald Unternehmen wieder geöffnet werden. 43 Prozent gaben jedoch an, dass ihre frühere Routine nun ein virtuelles Element umfassen würde – eine enorme Verhaltensänderung seit 2019.
„Diese Daten zeigen, dass das Training und die Dienstleistungen im Studio zwar weiterhin sehr gefragt sein werden, dass aber die virtuelle Wellness ein wichtiger Teil der sich vorwärts bewegenden Fitness-Landschaft sein wird“, fügt Stollmeyer hinzu. „Die Unternehmen, die überleben, werden diejenigen sein, die sich diesem Trend über hybride Mitgliedschaften, die sowohl persönliche als auch virtuelle Angebote umfassen, anpassen können”.
Text: Jeena Sharma // Titelbild: Universal Pictures via NYLON.com. Dieser Beitrag wurde eingekürzt; es wurden kleinere Änderungen vorgenommen.
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