NYLON-Freundebuch: Hi, Cloudy June!
2020 kam Cloudy Junes erster Song „High Waist To Hell” raus, im letzten Jahr ging ihr Song „FU In My Head” auf TikTok viral. Coudy June hat sich in unserem NYLON-Freundebuch verewigt und ihre Gedanken zu Druck auf Social Media und ihrer Karriere mit uns geteilt.
Schon mit 16 Jahren widmete sich die Berlinerin Claudia Terry Verdecia der Musik – damals noch nicht dem Pop, sondern dem Death Metal. In Berlin-Schöneberg brachte sie sich Screaming-Techniken wie das Grunting bei und war Teil einer Metal-Band. Erst mit 19 entdeckte die kubanisch-stämmige Sängerin Pop-Musik und die künstlerischen Entfaltungsmöglichkeiten dieses Genres für sich. 2020 erschien ihre Debut-Single „High Waist To Hell” unter ihrem Künstlernamen Cloudy June. Schon hier war klar: Ihr Sound ist stark, edgy und sexy. Mit Sex und Sexualität geht Cloudy June sehr offen um und thematisiert ihre Bisexualität ganz direkt – so auch in ihrer Debut-EP „Unthinkable”, die 2022 erschien.
Am 12. Mai erschien ihre zweite EP „21st Century Princess” – mit dem gleichnamigen Track beschreibt sie ihre ideale Frauenfigur, die sich über gesellschaftliche Normen hinwegsetzt, also auch sich selbst. Cloudy June ist selbstbewusst, unabhängig, frei. Dafür und für ihren frischen Pop-Sound lieben sie ihre vielen (Queeren) Fans. Die EP ist sinnlich, regt zum Tanzen an und steuert geradeaus auf die TikTok trending Sounds zu.
„FU in my Head“ ist auf TikTok viral gegangen. Wie war das für dich, die App zu öffnen und dann deinen Song zu sehen?
Man bekommt fast schon einen „Dangerous Rush” davon, wenn ein Video viral geht. Du fängst an zu refreshen und denkst: Oh! 100K, 120K, 122K Aufrufe. Man verliert kurz den Reality-Bezug. Für die Sphären, in denen ich mich als Artist vorher bewegt habe, ist es wirklich komplett eskaliert. Es hat mir so viele neue Möglichkeiten eröffnet, das war schon krass. Ein negativer Aspekt ist allerdings, dass kurz danach, wenn es nicht mehr den gleichen Buzz hat, du dich nicht mehr mit dir vorher vergleichst, sondern nur noch mit diesem einen Erfolg. Dann denkt man sich immer: „Jetzt muss ich wieder dieses Level erreichen.” Ich bin auf jeden Fall dankbar, aber habe dadurch auch den negativen Impact von Social Media mehr gemerkt.
Wie war es für dich, dass Leute deinen Sound benutzt haben?
Es war witzig, weil ihn auch viele größere Influencer*innen genutzt haben. Das war schon cool. Theoretisch hat „FU In My Head” aber gar nicht das komplette Potenzial ausgeschöpft. Es ist viel passiert mit dem Song und 28.000 Videos sind viel, aber im Verhältnis zu einem riesigen TikTok-Trend immer noch relativ wenig. Ich weiß, dass noch mehr Potenzial gegeben ist und das macht es auch spannend, denn teilweise gehen Songs von vor fünf Jahren viral. Also wer weiß was noch passiert mit dem Song.
Wie sieht deine „For You Page” im Moment aus?
Es ist super viel Queer und random witziger Content. Dann sehe ich ab und zu Therapeut*innen auf meiner „For You Page”. Das ist so das Main-Ding. Ein bisschen Learning hier, ein bisschen stupid Stuff da und ein bisschen was für die Community.
Was sind Must-Haves, wenn du auf Tour bist?
Ich habe so ein Gerät, das Wasser und Flüssigkeiten verdampft, die man dann einatmet. Das sorgt dafür, dass meine Stimmbänder die Tour durchhalten. Dann habe ich IBU, Gelorevoice, einen Schal und Ohrenschützer dabei. Und meine Yogamatte. Viele denken, dass es immer so ein Rock n Roll-Lifestyle sei und ich jeden Tag trinken würde, aber es ist das Gegenteil. Ich habe einen Monat vor der Tour aufgehört Alkohol zu trinken und jetzt ist es einfach nur healthy. So kann man einfach länger durchhalten. Wenn man länger unterwegs ist und dann die ganze Zeit trinkt, ist man ab Tag drei fertig. Ich bekomme immer noch Anxiety am Tag, nachdem ich getrunken habe. Und dann auf die Bühne zu gehen, wäre einfach Wahnsinn.
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Wen oder was vermisst du am meisten, wenn du lange unterwegs bist?
Ziemlich cool an der Tour ist, dass teilweise meine engsten Freund*innen im Team sind. Ich habe die Leute danach ausgesucht, wie gut die Chemie und Harmonie sind. Ich glaube, wenn ich jetzt mit einem Team wäre von Menschen, die ich nur zum Arbeiten kenne, dann würde ich alle meine Freund*innen vermissen. Aber so ist es ganz schön.
Female Rage wird gerne als etwas Negatives dargestellt. Du hast es genutzt, um etwas Positives zu schaffen. Wie sah der Schreibprozess bei „Devil is a Woman” aus?
Themen wie Himmel und Hölle sind für mich generell super spannend. Meine Mutter ist sehr religiös und ich habe auch mit den negativen Seiten der Religion Erfahrungen gemacht. Aber auch, weil ich immer wieder lese und höre, wie zum Beispiel in den Vereinigten Staaten etwas aufgrund von religiösem Background verboten wird. Das fuckt ab und man wird wütend. Ich finde es dann geil, einen Song darüber zu machen. Wo man genau sagt: Das, was ihr verteufelt, hole ich jetzt zurück.
Bei dem Song hast du auch ein Sample von Ghost genutzt. Wie sehr beeinflusst dich deine Liebe zu Heavy Metal? Oder generell deine musikalische Vergangenheit in deiner heutigen Popmusik?
Mir ist aufgefallen, dass Hölle und Satan in Metal oft benutzt werden und ich finde es einfach geil. Ich habe mich gefragt, ob das auch einen Einfluss darauf hatte, warum ich Metal so gefeiert habe. Je mehr ich zu mir selbst finde, desto mehr finde ich eine Balance mit Metal. Mein Outfit, das ich auf der Bühne anhabe, ist inspiriert von einer Metal-Sängerin, die ich super finde. Ich singe zwar Pop, aber das Gitarrensolo und die Bewegungen auf der Bühne sind zwischendurch mal Metal. Das ist etwas, was einen auch einzigartig macht. Es gibt nicht viele andere Artists, die vorher Death Metal gemacht haben und das mag ich dann auch zeigen.
Wer wäre dein Traum-Feature?
Gerade einfach Kim Petras. Das wäre so cool! Ich finde einfach alles an ihrer Story, dass sie aus Deutschland kommt und jetzt einen Grammy hat, so beeindruckend.
Dein Song „Broken Hearts” war in der Netflix Serie „Ginny & Georgia”. In welcher Serie möchtest du deine Musik als Nächstes hören?
Heute saß ich im Hotel, habe eine Smoothie Bowl gegessen, „Queer Eye” geguckt und geheult. Es geht dort zwar auch um Makeover, aber vor allem darum, dass Menschen, die nicht so ganz glücklich sind mit sich selbst, geholfen wird. Es ist so traurig und auch so schön. Da würde meine Musik auch reinpassen. Beim Umstyling oder so. „Warrior Nun” wäre auch krass, aber die Serie wurde leider abgesetzt. Aber wenn sie wiederkommt, dann hoffe ich, dass da was von mir reinpasst.
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Wenn man dir das AUX-Kabel reicht, welchen Song spielst du?
„I Got a Feeling” von den Black Eyed Peas. Wenn bei einer Party dieser Song kommt, rasten die Leute aus. Ich habe in meiner Pre-Show Playlist Banger aus den 2000ern, weil ich weiß, dass die Leute bei Songs wie „Party in the USA” abgehen.
Songtexte am Handy oder auf Papier schreiben?
Auf dem Handy.
Pig Scream oder Growling?
Growling.
Kannst du das?
Theoretisch schon, ich habe es in einem Interview probiert und da ging es noch, aber ich bin da voll raus.
Kabelkopfhörer oder Bluetooth?
Ich habe Kabelkopfhörer geschenkt bekommen, also war ich dann gezwungen umzusteigen, aber jetzt finde ich es geil. Das größte Problem ist, dass es keinen Kopfhörer-Input am iPhone gibt, deshalb ist Bluetooth die beste Option.
Fotos: Iga Drobisz
Mitarbeit: Laura Grübler
Anm. d. Red.: Uns ist bewusst, dass das Freundebuch in der sonst in unseren Artikeln verwendeten genderneutralen Schreibweise eigentlich „Freund*innenbuch” heißen müsste. Aufgrund des festgesetzten und bekannten Begriffs, der noch stark im allgemeinen Kontext dieser Buchart verwendet wird, haben wir es bisher aber bei „Freundebuch” belassen.
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