NYLON-Freundebuch: Hello, Ansu!
2018 erschien Ansus erster Song, 2020 ging der Track „In meiner Gegend” viral. Jetzt erscheint sein Album „Soul über Ego”. Ansu hat sich in unser NYLON-Freundebuch eingetragen und seine Gedanken zur neuen Platte geteilt.
Währen die meisten Menschen den Anfang der Corona-Pandemie 2020 zu Hause mit Dalgona-Coffee oder endlosem Scrollen auf TikTok verbrachten, veröffentlichte der Hamburger Rapper Ansu seine erstes Mixtape „Assoziativ” und war spätestens danach für viele ein „Artist to Watch”. Single-Auskopplungen wie „In meiner Gegend” oder „Bomberjacken” beschreiben sein Leben im Hamburger Bahnhofsviertel St. Georg, das langsam aber sicher gentrifiziert wird oder seine eigenen Erfahrungen mit Racial Profiling und Polizeigewalt in Deutschland. Viele feiern Ansus Texte deshalb als politisch und kritisch, dabei beschreiben sie einfach nur seine Realität, wie er uns im Interview erzählt: „Ich mag nicht so sehr in diese politische Ecke, da werde ich immer reingedrängt. Eigentlich mache ich einfach Musik, um Spaß zu haben und nicht nur um gesellschaftskritisch zu sein. Für mich sind es einfach Sachen, die mich beschäftigen, die mich aufregen.”
Heute erscheint Ansus erstes Album „Soul über Ego”, das uns auf eine Reise durch seine Gedankenwelt mitnimmt und uns an seinen Ängsten und Hoffnungen teilhaben lässt. In „Ego”, dem letzten Track der Platte, rappt der Hamburger: „Das‘ kein Album, das ist ’ne Bewegung.” Denn eine Bewegung will Ansu auch abseits seiner musikalischen Karriere anstoßen. Unter dem Namen „Irgendwasmussichveraendern” nutzt er seine Reichweite für Awareness-Initiativen und Events, auf denen er Aktivist*innen eine Plattform gibt. Besonders liegt ihm dabei die Sicherheit bei Konzerten und in Clubs am Herzen, in denen immer wieder rassistische, gewaltsame und sexuelle Übergriffe passieren, die nicht länger toleriert werden können und sollen.
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Ansu trägt sich ins NYLON-Freundebuch ein
NYLON: Für die Leute, die das noch nicht wissen. Steckt eine tiefere Bedeutung hinter dem Namen Ansu?
Ansu: Das ist mein zweiter Name und es ist ein Familienname. Mein Vater heißt so mit Zweitnamen, mein Opa hieß auch Ansu mit Zweitnamen. Das ist Tradition bei uns in der Familie in Gambia, dass der erstgeborene Sohn mit Zweitnamen Ansu heißt. Auch nicht immer überall, aber viele aus meiner Familie heißen so. Deswegen ist das für mich ein Bezug zu Gambia.
Der Titel deines Debüt-Albums lautet Soul über Ego. Erkenntnis, Rückbesinnung oder Grundeinstellung?
Es hat sich so von einer Erkenntnis zu einer Grundeinstellung entwickelt. Ich habe vor allem über das letzte Jahr viel über Ego nachgedacht, weil ich finde, dass man oft aus Ego handelt und nicht daraus, wie man selber wirklich ist. Eher danach, was Leute von einem denken oder wie man wirkt. Ich habe darüber nachgedacht, dass man oft aus diesem Motiv handelt. Ich wollte wieder so handeln, wie ich es zum Beispiel als Kind mehr gemacht habe, wie ich mich immer wirklich fühle. Einfach authentisch. Auch wenn man manchmal Leuten auf die Füße tritt oder wenn man nicht so rüberkommt, wie man rüberkommen will. Ich will das lieber an erste Stelle stellen. Also Soul über mein Ego stellen. Ego fällt aber nicht ganz weg, denn man kann sich nicht ganz davon von frei machen. Deswegen ist das erst mal eine Erkenntnis und jetzt versuche ich, dass es eine Grundeinstellung wird. Aber es ist eher wie ein Appell: Mach lieber Soul, nicht Ego.
Wenn du ein musikalisches Alter Ego hättest, welchen Namen würdest du ihm geben und welche Eigenschaften würdest du ihm zuschreiben?
Ich glaube, ich würde mich der Schwarze Hai nennen. (lacht) Ich würde so richtig dumme Musik machen, also gar nicht lyrisch. Ich habe auch ganz viele solcher Tracks, wo ich einfach über nichts rede und einfach bescheuerte Sachen machen. Das ist neben diesen ganzen ernsten Sachen der größte Teil von mir und meiner Musik. Ich mach einfach, wie ich Bock habe und ich glaube, so wäre dann mein Alter Ego.
Gibt es einen Song auf Soul über Ego, der uns einen Ansu zeigt, den wir zuvor noch nicht gesehen bzw. gehört haben?
Ja, es gibt auf jeden Fall einen Song. Das ist der ehrlichste Song, den ich bisher gemacht habe. Da erzähle ich meine Geschichte. Der Song heißt: „Es ist wie es ist”. Vom Sound her gibt es auch einige Tracks, die in eine neue Richtung gehen. Ich würde jetzt nicht sagen, dass das komplett anders ist. Es sind trotzdem Themen, die ich auch vorher schon behandelt habe. Aber danach kommt ein Projekt, da werden alle verwirrt sein. (lacht)
Hast du auf dem Album ein Personal Favorite?
„Es ist wie es ist“.
Was wünscht du dir, dass deine Supporter*innen beim Hören deines Albums für sich mitnehmen?
Ich wünsche mir, dass es sie darin unterstützen kann, so zu sein, wie sie wirklich sind. Also nicht darauf zu achten, wie was ankommt oder wie man auf Leute wirkt. Egal ob Leute unsicher oder confident sind oder Zweifel haben oder was auch immer. Dass man einfach mit diesen Sachen ehrlich ist. Wenn die Leute sich für sich selbst einfach diesen Satz sagen können: Soul über Ego.
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Angenommen, du könntest den Rest deines Lebens nur ein Musikgenre hören können. Für welches Musikgenre würdest du dich entscheiden?
Schwere Frage. Kann es ein Übergenre sein? Hip-Hop kann ja zum Beispiel auch Trap sein. Dann würde ich sagen Hip-Hop und was ich alles hören kann aus dem Genre. Wenn ich nur eine Sache hören könnte, dann würde ich wahrscheinlich sagen Jazz oder Soul. Das kann ich auch auf lange Sicht am ehesten hören. Wenn ich die ganze Zeit Trap höre, werde ich irgendwann verrückt.
Wenn du deine Eigenschaften als Freund beschreiben müsstest, welche Worte würdest du nutzen?
Ich mache mal ein Mix aus guten und schlechten Eigenschaften. Ich würde sagen albern, sehr verplant, auch relativ verschlossen. Und ehrlich, auf jeden Fall.
Albumcover: Soul über Ego
Schreiben oder Sprachmemo?
Bekommen oder Senden?
Senden.
Dann Sprachmemo.
Liveband Konzert oder DJ-Set?
DJ-Set. Hundert Prozent.
Würdest du lieber ein Feature mit deinem Lieblingsartist oder lebenslänglich überall VIP-Zugang auf dessen Konzert haben wollen?
Ein Feature, zu hundert Prozent.
Headerbild: Jan Mahnke
Mitarbeit: Miriam Woelke
Anm. d. Red.: Uns ist bewusst, dass das Freundebuch in der sonst in unseren Artikeln verwendeten genderneutralen Schreibweise eigentlich „Freund*innenbuch” heißen müsste. Aufgrund des festgesetzten und bekannten Begriffs, der noch stark im allgemeinen Kontext dieser Buchart verwendet wird, haben wir es bisher aber bei „Freundebuch” belassen.
Blättert weiter in unserem Freundebuch:
NYLON-Freundebuch: Hi, Fousheé!