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Newcomerin Melis: Ein Grammy wär‘ cool!

Die tschechisch-türkische Sängerin Melis hat ihre ersten Erfolge im Internet gefeiert. Warum sie aber trotzdem lieber ohne Social Media leben würde, wo’s für sie hingeht und in welcher Prager Bar wir einen trinken gehen müssen, hat sie uns im Interview verraten. 

Melis Soyaslanova, oder einfach Melis, ist noch verdammt jung. Sie ist aber auch das, was man gerne eine „alte Seele“ nennt. „Eine alte Seele ist eine sensible Seele“, spuckt Google dazu aus. Irgendwie passend, denn als wir Melis bitten, sich mit drei Worten selbst zu beschreiben, ist „sensibel“ das zweite. Und dann macht sie auch noch ziemlich sensible Musik. Aber nichts daran ist alt.

Synth, Pop, Folk, Piano, im Internet ist seit ihrem Demo-Release zu „Love Song Idea“ darum ein Hype entstanden, wie er eigentlich nur für Jugend stehen kann. Am Freitag hat Melis ihr erstes großes Musikvideo zu „Holding Hands“ (findet ihr weiter unten) veröffentlicht, die erste EP, „Parallels“ kommt am 24. November. Darauf: Softer Pop mit Songwriter-Hintergrund, emotionaler Rollercoaster mit zarter Stimme. Woher kommt dann die alte Seele? Weg von Social Media, hin zur realen Experience, zurück zum wahren Songwriting. Lest selbst.

Arbeitest du gerade an deinem ersten Album?
Ein Album hat glaube ich noch Zeit. Ich schreibe an der zweiten EP. Die Songs dafür liegen in den letzten Zügen, die werd‘ ich dann hier in Berlin aufnehmen.

Was inspiriert dich am meisten?
Was gerade so in der Welt passiert, neben meiner normalen Umgebung. Ich fühle im Moment so viel Druck und die Musik ist eine Therapie, um nicht verrückt zu werden.

Melis Songs und die nachdenklichen Antworten können täuschen. Ihre Stimme ist beim Sprechen viel höher als in ihren Songs. Auf die Sätze folgt: Viel Lachen. Melis Herkunft liegt in Tschechien und der Türkei, und daraus ergibt sich ein Akzent, den man ebenso wenig einem Genre zuordnen kann wie Melis Songs. Immer wieder spricht sie von der Bedeutung von Musik als Therapie. Wofür?

Was macht dir Druck?
Social Media, das ist einfach so eine gefälschte Welt. Ich hasse es, dass es so einen großen Einfluss auf Menschen hat. Erstaunlich, dass man darin leben und so viel auf einmal wahrnehmen kann. Wenn ich könnte, würde ich mein ganzes Leben außerhalb von Social Media führen. Für mich ist es aber natürlich super für die Promotion und dafür, mit Leuten in Kontakt zu kommen, die man im normalen Leben niemals kennenlernen würde.

Das heißt, dir wäre lieber, wenn es all diese Kanäle nicht gäbe?
Auf jeden Fall! Wenn ich nicht muss, gucke ich nicht rein. Es macht mich extrem nervös.

Wäre es eine Option für dich, deine Profile zwischendurch mal zu löschen, so wie es viele andere Musiker zur Promotion machen?
Ich brauche die Accounts, um meine Musik der Welt zu zeigen. Ohne wäre das viel schwieriger. Mir war aber schon immer klar, dass ich meine Musik lieber live promoten möchte. Konzerte geben, raus gehen, die Leute im realen Leben treffen. Damit nicht alles oberflächlich ist und „über mein Gesicht“ läuft, auch wenn das Publikum das am Anfang vielleicht braucht, um mich kennenzulernen.

Wer sich auf den angesagten Spotify-Playlists und angesagten Musikseiten rumtreibt, kennt Melis schon. Nachdem sie kurz im Duo IYES Musik gemacht hat, startet sie nach dem ersten Internet- Hype nun den Solo-Plan mit ruhigen Tönen. Darin verarbeitet sie vor allem ihre Herkunft. Seit zweieinhalb Jahren lebt sie in Berlin, genießt dort die Freiheit und das Gefühl, dass alle willkommen sind. Aufgewachsen ist sie aber in Prag.

 

Dir ist deine Herkunft sehr wichtig, und trotzdem fühlst du dich manchmal ein bisschen „lost“ , wenn es um deine Identität geht. Wie beeinflusst das deine Songs?
Ich hab mich immer ein bisschen hinter meiner Musik versteckt. Irgendwie bin ich mit meiner Herkunft nicht so gut klargekommen. Ich bin sehr multikulturell aufgewachsen und habe nie darüber nachgedacht, wo mein Zuhause ist, oder wer ich bin. In letzter Zeit kommt das alles aber durch und es tut mir gut, wenn Leute sagen, dass meine Musik nach MIR klingt. Zum Beispiel dann, wenn jemand sagt „Hey, das klingt wie du, als du 16 warst!“. Das war alles schon immer ich, aber ich habe es nie so gesehen.

Wie würdest du dich dann in 3 Worten selbst beschreiben?
Nachdenklich. „Sensitive“. Keine Ahnung, nett? Kreativ.

Wen müssten wir denn da um Rat fragen, wer kennt dich am besten?
Auf jeden Fall Josh, mein Manager und Produzent. Wir arbeiten schon seit 6 Jahren zusammen. Er ist mein bester Freund und er weiß alles über mich. Er hat mir dabei geholfen, die Künstlerin zu werden, die ich heute bin und mir sehr viel über die Musikindustrie beigebracht.

Ihr seid aber kein romantisches Paar, oder?
Hmmmm…vielleicht?

Wenn ihr so viel zusammenarbeitet – wird er da auch mal in Songs verarbeitet?
Ja!

Wie gehst du deine Songs an, gibt’s da ein Ritual?
Ich schreibe meine Songs immer auf der Gitarre und möchte, dass sie fertig sind, bevor ich mit ihnen ins Studio gehe. Ich bin in erster Linie Songwriterin. Viele Künstler verstecken sich mittlerweile hinter der Produktion, es geht darum, dass ein „cooler Sound“ entsteht und es cool klingt. Ich möchte aber genau das Gegenteil erschaffen: Produktion ist wichtig, aber der Song selbst ist noch bedeutender. Ich will, dass ich sie unplugged spielen kann und sie immer noch genauso gut wie im Studio klingen.

Für ihre letzte Single „Sober (Over You)“, einen dramatischen Song, bei dem man spätestens beim letzten Refrain das „over you“ mitweint, hat sich Melis von der Scheidung ihrer Eltern inspirieren lassen. Keine gute Zeit. Ein traumatisches Erlebnis, für sie, und für ihren Bruder. Aber: Melis lernt, nicht nur über sich selbst, die eigenen Gefühle und, na ja, den Partner zu schreiben, sondern sich einzufühlen. Denn sie selbst fühlt manchmal schon fast zu viel. Ihr Ausweg: Die Texte.

Was wäre, wenn du dich zwischen Lyrics und Melodie entscheiden müsstest…?
Oh, shit. Ich nehme beides auf einmal. Du kannst sie nicht trennen. Hm, okay, ich nehme Text. Ich hab mit 8 Jahren mit Poesie angefangen, der Text war also vor der Melodie da. Außerdem lese ich immer den Text der Songs, die ich höre.

Und was ist gerade so auf deiner Playlist?
Ich bin total besessen von Fiona Apple. So ungefähr alle sechs Monate habe ich eine Phase, in der ich alles von ihr höre, ich liebe sie. Jetzt gerade höre ich viel „Old School“, Beach Boys, Paul Simon, Carol King. Diese Leute haben Songwriting besser gemacht, als es jetzt stattfindet. Momentan kriegt Songwriting nicht so viel Aufmerksamkeit in der Popmusik.

Von alter Musik zur Zukunftsmusik: Was sind deine Träume?
Also…ein Grammy wär‘ cool!

 

Auch alte Seelen können hoch ansetzen. Melis hat dafür die Weichen gestellt: Anfang 2018 spielt sie erste Shows in London, danach begleitet sie SOHN auf Tour. Davor gibt’s jetzt aber erst mal „Parallels“, und natürlich das Video zu „Holding Hands“. Darin fährt Melis übrigens im Auto durch ihre Heimatstadt Prag. Und dafür hat sie hier noch ihre Top Tipps für euch!

Robin Micha
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