Digitale Coverstory mit Olivia Dean: Die Kraft des Durcheinanders
Olivia Dean hat sich als Rising Soul Star einen Namen gemacht. Ziemlich treffende Bezeichnung, denn an der Strahlkraft der UK-Sängerin und Songwriterin kommt man nicht vorbei. Was macht sie aus und wie ist sie dahin gekommen? Wir blicken mit ihr nostalgisch in die Vergangenheit, um der Momentaufnahme einen Rahmen zu geben.
Wer schon einmal die Songs von Olivia Dean auf Repeat gehört hat, kennt dieses beruhigende, ja, fast schon beseelende Gefühl, das zum Zurücklehnen einlädt. Das ist die Power ihrer Musik, die es den Zuhörer*innen wirklich einfach macht, im Moment anzukommen, sich mal kurz zu sammeln. Da könnte man schmunzeln, dass ihr kommendes Debütalbum ausgerechnet den Namen “Messy” trägt. Wo doch an ihr und ihrem Sound alles so aufgeräumt wirkt, fließend und smooth eben. Aber versprochen, es macht Sinn …
Nach einem Soundcheck für eine TV-Show in UK schaltet sich Olivia Dean in den Video-Call ein. Uns trennen eine Stunde Zeitverschiebung und über tausend Kilometer. Als sie in die Kamera lächelt, ist das Eis schnell gebrochen. Während auf ihren Zähnen glitzernder Schmuck hervorblitzt, erkennt man in ihrer Mimik und Gestik die jugendliche Leichtigkeit einer 24-Jährigen, die in ihren Texten so erwachsen klingt. “Ich bin fasziniert von Sprache, Lyrics sind mir sehr wichtig”, erzählt sie. „Wenn sie nicht gut sind, bringt es mein Herz um.” Wegen dieser Leidenschaft für Worte hätten wir sie glatt ans Lehramt verlieren können. Wäre sie keine professionelle Sängerin und Songwriterin geworden, hätte sie sich nämlich vorstellen können, Englisch zu studieren und später mal zu unterrichten. Dass es nie so gekommen ist – wer weiß, vielleicht Schicksal.
Olivia wächst in einer englischen-jamaikanisch-guyanischen Familie in Walthamstow, einer Stadt im Norden der Grafschaft London, auf. In ihrem Haushalt spielt niemand ein Instrument, aber ihre Eltern haben eine große Liebe und Wertschätzung für Musik, die auf ihre Tochter übergehen. “Sie waren immer sehr unterstützend”, erinnert sich Olivia im Interview zurück. “Schon als kleines Kind habe ich gesagt, dass ich einmal Sängerin sein will. Und sie meinten nur: ‘Okay, dann mach das.’ Ich bin ihnen sehr dankbar dafür.” Mama knows best: Olivias Mutter macht ihr schon früh klar, dass dieser Weg Arbeit bedeutet, dass sie lernen muss, vor Menschen zu performen. Heute macht sie das mit einer absoluten Selbstverständlichkeit, als Kind war das anders. “Als ich meinen ersten Gig hatte, habe ich nur geweint”, erzählt sie mit einem Lächeln. “Ich war extrem schüchtern, als ich jünger war.”
Man könnte sagen, dass Olivia ihre Schüchternheit mit der Zeit und viel Übung überwunden hat, aber etwas von dieser kindlichen Zurückhaltung hat sie sich trotzdem bewahrt. “Es ist immer noch in mir. Aber weniger in Bezug auf Musik, sondern mehr im Alltag. Ich würde vielleicht nicht den Begriff ‚schüchtern‘ benutzen, aber ich kann in manchen Bereichen meines Lebens reserviert sein. Manchmal.” Vielleicht ist das auch ein Tool, um sich selbst einen Safer Space zu schaffen. Raum für sich. Weil sie ja schon in ihrem Beruf so viel mit der Welt teilt. “Es ist etwas, das ich immer gemacht habe. Ich fühle mich irgendwie dazu berufen”, so Olivia. “Wenn man mal darüber nachdenkt: Warum sollte ich allen mit meinen Songs mein Business erzählen? Niemand zwingt mich dazu, ich muss es nicht tun.” Für die Sängerin hat es etwas Beruhigendes und Befreiendes, ihre tiefsten Gedanken zu sharen. Sie findet: “Wenn Leute sie hören, denken sie nicht an mich, sie denken an sich. Deine verletzlichsten Momente können dich mit jemandem und dessen verletzlichsten Momenten verbinden. Es ist etwas sehr Besonderes.”
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Fotos: Petros
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