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Wie sich die Hip-Hop-Szene von Geschlechterrollen lossagt

Kommt Zeit, kommt Wahrheit.

Text: Hayden Manders // Fotos: Da Black Swan; Courtesy of Duckwrth via NYLON.com // Illustration: Ji Lim

Langsam aber stetig verändert sich etwas in der Hip-Hop-Szene. Die Fortschritte, die wir beim Abbau von Geschlechterrollen und -erwartungen bereits gemacht haben, spiegeln sich mittlerweile auch bei immer mehr Rappern, Produzenten, Künstlern und Musikern wider.

Hypermaskulinität ist ein Haupterzeugnis der Hip-Hop-Community – vor allem ihrer schwarzen männlichen Mitglieder. Der Druck, hart zu sein, ein Gangsta und Boss zu sein, ist sehr real. Wir sehen es an den Texten von Migos und Young Thug und an Eminems noch immer unverhohlener Aggressivität. Doch seit einiger Zeit schleicht sich eine gewisse Verletzlichkeit in den Vordergrund neuer Musik. Kendrick Lamar beispielsweise hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Toxizität aufzulösen und seine weiche mit seiner harten Seite in Einklang zu bringen. Wie die jüngere Generation das Geschlecht als weites Spektrum anzuerkennen beginnt, gilt dies auch die Musik, die sie hören, und die Künstler, denen sie sich zuwenden.

„Früher, ja“, lautet Duckwrths Antwort auf die Frage, ob er jemals das Bedürfnis hatte, männlicher zu sein. „Es gibt diese konstruierte Fassade, die die Menschen für dich erschaffen – nicht nur als ein Mann in Amerika, sondern als ein schwarzer Mann in Amerika. Wir werden dazu gedrängt, super-aggro, super-maskulin zu sein. Ich passe nicht wirklich in diese Form, zumindest fühlt es sich nicht komfortabel an.“ Duckwrth ist eine dieser Stimmen, die diese vorgefassten Geschlechterrollen herausfordern. Seine letzte Single „Boy“, hinterfragt unsere sozialen Konstrukte und wie wir Liebe, Sex, Rasse und Identität sehen. „Lasst uns zwischen den Geschlechtern treffen“, sagt er. „Wäre das nicht fantastisch?“

Als Künstler schwelgt der aufstrebende Soul-Pop-Musiker Michael Blume in der Verantwortung, ein „Übersetzer, Gestalter und Code-Switcher“ zu sein. Er hat seine Musik mit offensichtlichen Hinweisen auf Fellatio gespickt und sein Publikum geradeheraus gefragt, ob sie sauer sind, dass er schwul ist. „Ich versuche, in einer Welt zu existieren, in der ich mich von Kategorisierungen und Dualitäten mehr und mehr entferne. Aber ich mache das alles mit dem sehr realen Wissen, dass der Alltag noch immer binär ist“, erklärt er. Wie Duckwrth, Tyler, The Creator und andere befinde er sich bereits in „Kapitel 82, während die Kids noch immer bei Kapitel eins seien.“

Die Herausforderung ist dann: Wie können diese Künstler mit gutem Beispiel vorangehen? Gibt es Druck von den Labels, gewisse Dinge nicht zu sagen oder sich in einer bestimmten Weise zu präsentieren? Ja. „Sie sind sehr offen zu mir“, erzählt Blume von seinem Label. „Sie haben gesagt: ‚Wir unterstützen dich mit deinem langen Tunika-Kleid auf dem EP-Cover, aber wir werden auch ehrlich zu dir sein und dir sagen, dass es Leute gibt, die sich mit deiner Musik anlegen werden. Die nicht Play drücken, weil ein Typ mit Bart und Kleid auf dem Cover ist.'“ Tut ein Individuum dann das, was es will und nimmt den „Sorry, not sorry“-Weg? Oder findet es eine andere Möglichkeit, sich auszudrücken, ohne seine Identität vollends zu gefährden?

Für Duckwrth löste der Tod von Prinz und David Bowie ein neues Gefühl der Freiheit aus. „Es hat für mich erst danach Sinn ergeben“, sagt er über die geschlechtsspezifische Präsentation. „Sich von dem Druck zu befreien, in eine bestimmte Form zu passen, führt zu ehrlicherer Musik.“ Und das wiederum führt zu einem ehrlicheren Publikum. Zuhörern, die befähigt sind, sie selbst zu sein und Inklusivität fördern.

„Wie kann ich der Community zeigen, dass es okay ist, man selbst zu sein und sich selbst zu lieben?“, fragt Michael Blume sich. Indem man mit gutem Beispiel vorangeht und das Publikum begleitet – von Kapitel eins, zu Kapitel zwei, zu Kapitel drei und so weiter. Bowie und Prince brachten die Idee der Möglichkeiten auf den Punkt. Durch sie konnten wir das Spektrum der Geschlechter besser verstehen. Und die Tatsache, dass es kein Schema F gibt, in das die Menschen passen. „Deshalb machen wir das“, sagt Blume: um die Möglichkeiten zu zeigen. Das ist vielleicht das Beste, was man tun kann: einfach völlig unverfroren man selbst sein – weiblich, transsexuell, nicht konform, schwul, womit auch immer man sich identifiziert – und seine Wahrheiten leben. Das ist unser Mic-Drop.

Nylon
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