Search:

Fünf isländische Musik-Acts, die ihr kennen solltet

Von Hildur bis Una Stef: Hier sind fünf der bemerkenswertesten isländischen Musik-Acts, die wir auf dem diesjährigen Airwaves-Festival entdeckt haben.

Text: Laura Studarus // Bild via NYLON.com

In den vergangenen 18 Jahren hat sich „Iceland Airwaves“ zu einem Must-See-Musikfestival entwickelt (wo sonst könnt ihr eure Lieblingsband sehen, neue Talente entdecken und am selben Tag in einer heißen Quelle abhängen?) und ist ein wichtiger musikalischer Knotenpunkt geworden. Was einst in einem einzelnen Flugzeughangar untergebracht war, breitet sich nun über fast jede Bar, jeden Club und jeden Plattenladen Reykjavíks aus – in diesem Jahr gab es sogar ein Zweit-Event in der nördlich gelegenen Stadt Akureyri. Zu den bedeutenden Musikern, die schon auf der Airwaves-Bühne auftraten, zählen internationale Top-Acts wie PJ Harvey, Hot Chip, Mumford & Sons, Sigrid und Warpaint. Aber das Festival bietet auch einen einzigartigen Einblick in die heimischen Musik-Acts Islands – darunter viele Künstler, die eben nicht Sigur Rós oder Björk heißen, und von denen viele auch außerhalb Islands auf Tour gehen. Aus den vielen Acts, die von Mittwochnachmittag bis Sonntagnacht die Bühne einnahmen, war es wirklich schwierig, unsere Favoriten auszuwählen. Anyhow: Diese fünf Talente solltet ihr euch auf jeden Fall merken.

Hildur

Hildur singt fröhlichen, mehrsprachigen Pop und trällert die Art von Refrains, die man noch Tage später vor sich hin summt (zum Beispiel das auf isländisch gesungene „Bammbaramm“). Wie die Songs der kanadischen Sängerin Grimes – eine unserer Heldinnen – haben Hildurs Elektro-Kompositionen etwas Lebhaftes an sich, das wie aus einer anderen Welt klingen. Aber es gibt noch eine Superkraft, die die ehemalige Mitarbeiterin aus Björks Lieblingsschwimmbad („Die Touris sind immer ausgeflippt: ‚Neben mir ist Björk in einem Badeanzug!’“) zu bieten hat: ihren Abschluss in Japanisch. Dieser hat ihr bereits mehrere denkwürdige Privat-Gigs vor internationalen Besuchern ihres Landes eingebracht. „Es macht sehr viel Spaß, und ich liebe es, weil es wirklich Nischen-Gigs sind“, lacht sie. „Einige Jahre lang bin ich immer in der japanischen Botschaft aufgetreten. Sie haben mich immer gebeten, sowohl die isländische als auch die japanische Nationalhymne zu singen.“

Instagram

Mit dem Laden des Beitrags akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Instagram.
Mehr erfahren

Beitrag laden

Obwohl die Singer-Songwriterin noch ganz am Anfang ihrer Solokarriere steht (vorher war sie Mitglied in der Band Rökkurró), ist Hildur bereits zu einer schützenden Antriebskraft für andere Frauen im Musikbusiness geworden. Als ihre innige Ballade „I’ll walk with you“ einen isländischen Musikpreis für den besten Popsong gewann, wurde Hildur prompt von einem isländischen DJ attackiert, der behauptete, Hildur hätte bei dem Song bestimmt Unterstützung von Männern gehabt. Aber anstatt wahnsinnig wütend zu werden, blieb Hildur konstruktiv.

„Ich beschloss, ihm einen Brief zu schreiben, den ich auf meiner Facebook-Seite postete. Darin erklärte ich ihm, wie sehr er sich irrte und das genau das das Problem der Musikindustrie ist“, erzählt sie – ganz ruhig, obwohl allein die Erinnerung daran allen Grund hätte, sie wütend zu machen. „Es war so bescheuert von ihm, so etwas im Radio zu sagen. Was, wenn ein Mädchen zuhört, das auch Musik machen will? Vielleicht bin ich ihr Vorbild – und dann wird so über mich geredet. Es entmutigt sie, dass sie es auch schaffen kann… Das war die perfekte Gelegenheit, um zu zeigen, dass solche Typen mit ihren Kommentaren nicht durchkommen. Wir müssen ständig kämpfen, um zu zeigen, dass wir genauso gut sind wie sie.“

EinarIndra

EinarIndra kann mit Widersprüchen gut leben. Das mag vielleicht auch nicht weiter verwundern – schließlich ist er Islands einziger Didgeridoo-Spieler – und das, obwohl er noch nie in Australien war. Veränderungen machen dem einstigen Gitarrenspieler auch nichts aus. Als ein dramatisches Ereignis seinen Blick auf die Musik für immer verändern sollte, nahm er das locker auf.

Instagram

Mit dem Laden des Beitrags akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Instagram.
Mehr erfahren

Beitrag laden

„Mein Computer ist kaputt gegangen, und alle Songs der letzten drei Jahre waren weg“, erinnert er sich. „Ich ging mit dem Computer zu verschiedenen Typen, um ihn reparieren zu lassen. Einer hat ihn in seinen Gefrierschrank gesteckt, und ich glaube genau dort hat sich die Festplatte dann endgültig verabschiedet. Ich konnte sie nie wieder herstellen. Seitdem möchte ich meine Songs mehr in meinem Kopf speichern.“ Also verlagerte EinarIndra seine Musik mehr in Richtung großer, verträumter Klanglandschaften. Hip-Hop-Beats treffen auf melodische Elektro-Sounds und seinen zarten Gesang – ein Musikstil, an den er sich erst einmal selbst gewöhnen musste. Seine letzte EP „Unravel“ entwickelt diesen Stilmix sogar noch weiter. Seine verzweifelten Texte (die er, seitdem er ein Teenager war, in Tagebüchern festhält) handeln von Einsamkeit, Sehnsucht und Wünschen. Eine einheitliche Mischung, die ihm mittlerweile sehr ans Herz gewachsen ist. Sogar sein Künstlername, den er von einem Yogi bekommen hat, als er im Alter von 15 Jahren mit Yoga anfing, verbreitet geschlechtsübergreifende Vibes. „Der Yogi hat mir Meditation beigebracht und mir diesen Namen gegeben“, verrät er – schließlich ist Indra auch in Island ein weiblicher Vorname. „Ich mag es, dass mein Name Männliches und Weibliches verbindet. Meistens trage ich bei meinen Auftritten ein Kleid. Es sieht aus wie ein Sweater. Ich hab schon drüber nachgedacht, mal ein richtiges Kleid zu tragen, weil ich es mag, wenn Leute den Konventionen trotzen. Aber ich hab’s noch nicht gemacht.“

Young Karin

Als Karin Sveinsdóttir an einem Musikwettbewerb ihrer Schule teilnahm und mit einer Freundin „Shelter“ von The xx am Klavier sang, dachte sie nicht im Traum daran, entdeckt zu werden. Aber obwohl sie „nur“ Dritte wurde, bekam sie ihren ultimativen Hollywood-Moment, als Jury-Mitglied und Lokallegende Logi Pedro (von den Bands Retro Stefson und Sturla Atlas) sie fragte, ob sie mit ihm zusammenarbeiten wolle. „Ich war nervös“, erinnert sie sich. „Ich kannte ihn ein bisschen, weil mein Bruder Musiker ist. Ich bin mit ihm ins Studio gegangen, und wir haben ein paar Songs aufgenommen.“ Ihre Debütsingle „Hearts“ – passenderweise am Valentinstag veröffentlicht – bringt Sveinsdóttirs zuckersüße Stimme mit Pedros berüchtigten Beats zusammen. Der Track bescherte dem Duo in Island große Aufmerksamkeit, sorgte für ein paar internationale Gigs und resultierte schließlich in ihrer Debüt-EP „n1“. Aber Sveinsdóttir – die noch immer ein Teenager war und Musikerin geworden ist, bevor sie überhaupt wusste, was das bedeutet – brauchte eine Pause. Sie arbeitete ein Jahr lang in einem Secondhand-Shop, um herauszufinden, was es heißt, für sich selbst zu sorgen.

https://www.instagram.com/p/Bcz65gnF_t1/?hl=de&taken-by=yngkarin

„Manchmal, wenn ich aufgetreten bin, war ich sehr nervös“, gibt sie zu. „Ich hatte Angstattacken. Ich glaube, gleichzeitig hat mir die Musik geholfen. Ich bin sehr schüchtern, und es fällt mir schwer, zu einem großen Publikum zu sprechen. Aber wenn ich singe, ist es was anderes. Und wenn ich eine andere Rolle spiele, ist es auch was anderes.“ Seitdem sie als Produzentin und Sängerin wieder Musik macht und nicht mehr in einer Band singt, ist ihr Sound straffer geworden. Ihre neue Single „Peakin“ unterstreicht Islands Ruf als aufstrebende Hip-Hop-Nation und behält gleichzeitig Sveinsdóttirs Pop-Wurzeln bei. Zum ersten Mal schreibt sie selbst („ein bisschen“, sagt sie bescheiden) und hofft, in der Zukunft mehr übers Produzieren zu lernen. „Ich möchte junge Mädchen prägen“, sagt sie. „ich möchte, dass sie wissen, dass sie Musik machen und auf der Bühne stehen können. Ich habe auf der Opening-Party von Iceland Airwaves gesungen. Da standen zwei achtjährige Mädchen vor mir. Sie haben mir gewunken und ich habe zurück gewunken. Obwohl es schon viele Mädels im isländischen Musikbusiness gibt, könnten wir immer noch mehr sein.“

Una Stef

Versteht sie nicht falsch: Una Stef ist stolz auf ihr Debütalbum „Songbook“. Aber die Jazz-Pianistin runzelt die Stirn, wenn man behauptet, es sei ein optimistisches Album. „Ich war 15. Daher handeln die meisten Songs von Liebeskummer, Liebe und wieder Liebeskummer“, lacht sie und gibt zu, dass das im Widerspruch zu ihrer Sicht auf die Welt steht. „Ich habe fast ADHS. Mein Kopf kann negative Dinge gar nicht aufnehmen. Manchmal, wenn doofe Sachen passieren, würde ich mir wünschen, dass ich eine Zeitlang daran festhalten und sie seelisch verarbeiten kann. Aber dann bin ich schon wieder bei der nächsten Sache. Ich kann mich auf nichts wirklich konzentrieren.“

https://www.instagram.com/p/BamyUjVDvFw/?taken-by=unastef

Die neuesten Songs der Singer-Songwriterin stützen sich auf ihre Vergangenheit, als Tochter einer isländischen Jazz-Ikone und lebenslange Verehrerin von Whitney Houston und den Beatles (unter ihren Tattoos ist auch ein Tribut an den Beatles-Song „Blackbird“). Und sie erforscht verschiedene Musikformen, interpretiert Beyoncé und ihr Album „Lemonade“ als Jazzversion neu (was ihr Publikum regelmäßig vor Begeisterung ausflippen lässt) und singt Mantras in Yogastudios. „Ich frage mich fast jeden Tag: ‚Wie bin ich da nur reingeschlittert?’“, lacht Stef über ihre Yoga-Performance. „Ich hatte keine Ahnung, was ich da tat. Aber irgendwie haben es alle gespürt. Also ja: Ich bin im Flow. Es war eine großartige Erfahrung, und ich hoffe, dass ich es wiederholen kann. Aber es gab diesen Moment, als ich hereinkam und alle Weiß trugen und ich mich fragte: ‚Wie bin ich hier nur hergekommen?’ Ich glaube, wenn du insgesamt offen bist, wird das Leben dich überall hinbringen. Du musst nur deinen eigenen Weg gehen. Aber das geht nur, wenn du auch Fehler machst.“

Und was würde die 15-jährige Una über diese neue Richtung denken? „Sie würde vermutlich gar nicht zuhören“, lacht Stef. „Ich hab viel Celine Dion gehört. Wenn es keine hohen Töne gab, hab ich mich nicht für die Musik interessiert. Jetzt bin ich 26. Es hat zehn Jahre gedauert, aber jetzt bin ich erwachsen.“

JFDR

Früher war Jófríður Ákadóttir Reykjaviks berühmteste Musikerin. Sie trat mit ihrer Folkband Pascal Pinon auf (die sie mit ihrer Zwillingsschwester gegründet hat), dem vom Hip Hop inspirierten Projekt GANGLY sowie der Electro-Gruppe Samaris. Aber die letzten zwei Jahre hat sie sich fast ausschließlich auf ihr Soloprojekt JFDR konzentriert. Dabei sah sie sich lange Zeit gar nicht als Solokünstlerin – wie das Multitalent, das nichts von strikten Musikgenres hält, heute erzählt. Es war ihr Produzent, Shahzad Ismaily, der sie auf diesen Weg gebracht hat. Ihm ist auch der zarte, flüsternde Klang ihres Albums „Brazil“ zu verdanken – vor allem im Album-Opener „White Sun“, in dem Ákadóttir ihre „Sünden und Probleme“ sowie die „intensiven Wunder der Insel“ besingt, begleitet von kaum hörbaren Electro-Beats und Drum-Synthesizern.

Instagram

Mit dem Laden des Beitrags akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Instagram.
Mehr erfahren

Beitrag laden

„Der ganze Prozess war so organisch“, sagt sie über ihre gemeinsame Zeit in den New Yorker „Figure 8 Studios“. „Shahzad hat mir beigebracht, einen Moment lang wirklich zuzuhören und es nicht perfekt klingen zu lassen. Wir haben viel Zeit mit kleinen Änderungen und Abmischungen verbracht, aber ein Großteil der Aufnahme ging sehr schnell. Ich denke, ich habe auf die harte Tour gelernt, dass Perfektion nicht perfekt ist.“ Durch das Album zieht sich ruhelose Traurigkeit wie ein roter Faden. Obwohl sie im Grunde ihres Herzens eine Nomadin ist, die einen Augenblick nachdenken muss, wenn sie gefragt wird, wo ihr Zuhause ist, versichert sie uns, dass es ihr emotional gut geht. Und obwohl sie, wie wir alle, manchmal ihre melancholischen Momente hat, möchte sie ehrlich damit umgehen.

„Es kommt und geht“, sagt sie. Und fügt hinzu: „Die Musik und das Schreiben von Songs ist mein Versuch, genau zu bestimmen, was gerade in meinem Kopf und meinem Leben passiert. Es ist also so gesehen ziemlich therapeutisch. Das gilt vor allem für die Songs, die ich in letzter Zeit geschrieben habe. Aber es gibt auf jeden Fall auch einige davon auf ‚Brazil’ und viele mit Pascal Pinon. Ich glaube, es ist ein Grundbaustein, auf den ich aus vielen verschiedenen Gründen immer wieder zurückkomme. Ich habe in der Musik schon immer Zuspruch und Trost gefunden und weiß, dass es anderen Menschen genauso geht. Deshalb schreibt man etwas, das für einen selbst wahr ist. Aber man hält es bewusst offen, damit es für andere Menschen ebenfalls wahr ist.“

Nylon
No Comments

Sorry, the comment form is closed at this time.

Die Instagram-Künstlerin John Yuyi hat Social-Media verändert Previous Post
Selflove für 2020: Diese Achtsamkeitsrituale machen euch fit fürs neue Jahr Next Post

Follow us

Username field is empty.