Warum Stars in den sozialen Netzwerken unsichtbar werden
Taylor steht nicht allein da.
Text: Hayden Manders // Fotos über Getty Images via NYLON.com
Der Nachmittag des 18. August 2017 war ein ganz normaler Freitagnachmittag. Die Sonne schien und viele gingen früher von der Arbeit nach Hause, denn so sind Sommerfreitage: Zu dieser Jahreszeit kann man förmlich spüren, wenn das Wochenende ruft. Und dann wurde es still um Taylor Alison Swift. Ihre Instagram-, Facebook-, Twitter- und Tumblr-Profile waren verschwunden; ihre Website war ein Vakuum. Für eine Künstlerin, deren Außendarstellung so eng mit der Musik, die sie veröffentlicht, verbunden ist, war Swifts plötzlicher Blackout in den sozialen Netzwerken schon ein besonders abrupter Moment.
Die sozialen Netzwerke haben die Celebrity-Kultur vom Kopf auf die Füße gestellt – wenn ihr jemals einer Berühmtheit getweetet oder einen Post von ihr kommentiert habt, wisst ihr genau, was ich meine. Die Zeiten der Fan-Briefe sind lange vorbei, und Pressemitteilungen wirken langsam altertümlich: Warum denn eine rausschicken, wenn die Künstler selbst (oder ihr Social-Media-Team) die neuen Veröffentlichungen schon längst auf ihren eigenen Kanälen beworben haben? Interviews und Portraits sind etwas Bleibendes, aber die Unmittelbarkeit, mit der die Künstler in den sozialen Netzwerken ihre Ideen dem Publikum vorstellen können, ist beispiellos. Die sozialen Netzwerke geben den Blick direkt auf die Marke des Künstlers frei – und wenn sich daran irgendwas ändert, bedeutet dies meist, dass eine neue künstlerische Ära in den Startlöchern steht.
Ein neues Profilbild ist eine feine Sache, aber unsichtbar zu werden ist direkt eine komplette Image-Erneuerung. In Swifts Fall kennzeichnet es den Anfang ihrer „reputation“-Ära, die die Marke, die sie so mühsam aufgebaut hatte, scheinbar umdrehen, aufheben und wieder zurückfordern will. Die ganze Geschichte mit der Schlange? Sie hat alles mitbekommen, löschte ihre komplette Präsenz in den sozialen Netzwerken und kam eine Woche später als Schlange wieder – bissig und mit einer Neigung zum Rappen. Ähnlich hatten es schon The 1975 im Mai 2015 gemacht und damit wilde Gerüchte um eine mögliche Auflösung der Band entfacht – tatsächlich hatten sie das Publikum aber einfach nur provoziert und noch neugieriger auf ihr neues Album gemacht. Unsichtbar zu werden scheint für Künstler, die so kultisch verehrt werden wie Swift und The 1975, die beste Werbung zu sein.
Unsichtbar zu werden deutet aber auch auf die Schattenseiten des Berühmtseins hin – und das ist wahrscheinlich der zweite Beweggrund für Künstler, sich aus den sozialen Netzwerken zurückzuziehen: Schutz der Privatsphäre. Im Juli dieses Jahres löschte Ed Sheeran kurzzeitig seinen Twitter-Account, da ihm sein Gastauftritt bei Game of Thrones die Präsenz ein paar übler Trolle eingebracht hatte. Twitter ist schließlich immer noch der schnellste und direkteste Weg, in den Umkreis eines Künstlers zu schlüpfen. Im Oktober 2009 hatte Miley Cyrus etwas ähnliches getan, um ihre Privatsphäre und die ihres Verlobten Liam Hemsworth zu schützen. Lady Gaga wurde im Juli 2013 bei Twitter unsichtbar, um sich von ihrer Hüftoperation in Ruhe erholen zu können. Auch Justin Bieber zog sich im August 2016 aus den sozialen Netzwerken zurück, um sein Privatleben nicht weiter öffentlich zur Schau stellen zu müssen. Natürlich sind die Stars alle auch wieder zurückgekommen, aber auf jeden Fall zurückhaltender und vielleicht mit einem größeren Social-Media-Team.
Und was ist mit Rihanna? Rihanna wäre nicht Rihanna, wenn es @badgalriri nicht auf Instagram gäbe. Klar gibt auch ihr Twitter-Account einige wunderbare Updates her („FUCK U SATAN!!! Fuck right off!!!!!”), aber Rihs wahre „Leck-Mich“-Attitüde erwachte erst auf Instagram wirklich zum Leben. Ihr ungefilterter Account bewies nicht nur mal wieder, dass sie die Coolste von allen ist, er änderte auch komplett die Spielregeln des Künstler-Markenauftritts. Und dann, eines schönen Tages im Mai 2014, verschwand @badgalriri. Okay, Instagram hatte ihren Account erst einmal eingefroren, da sie auf einigen Bildern ihre Nippel gezeigt hatte, aber Rihs Entscheidung, auch nach Aufhebung der Sperre ihren Account inaktiv zu lassen, verursachte einen wahren Aufruhr. Was ist Instagram schon ohne Rihanna mit ihren unverblümten Äußerungen und Memes von sich selbst? Ich sag’s euch: ein wirklich dunkler Ort. Im November dann kam die Göttin des Charismas, der Einzigartigkeit, der Unverschämtheit und des Talents wieder zurück, und die Welt war wieder in Ordnung. Rihanna war nicht unsichtbar geworden, weil sie sich als Marke neu positionieren oder ihre Privatsphäre schützen wollte. Rihanna war einfach danach gewesen.
Ähnlich machte es Kanye West im Mai 2017. Man muss eben den kreativen Prozess respektieren, Bro!
Amazon-Chef Jeff Bezos drückt es so aus: „Deine Marke ist das, was andere über dich sagen, wenn du nicht im Zimmer bist.“ So gesehen bringen die sozialen Netzwerke diesen Raum komplett durcheinander, weil sie den Star immer im Zimmer lassen, gleichzeitig aber auch Markenwerbung sind. Unsichtbar werden ist für die Stars eine Art, ihre eigene Geschichte zu kontrollieren, ihr Image und ihre Marke zu schützen sowie gleichzeitig (und je nachdem, was ihre Motive sind) sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit durch die Spekulationen um die Unsichtbarkeit ihre Marke im Kopf behält. Oder sie machen es wie Rihanna: einfach mal so.