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Interview: Mura Masa

„Vielleicht habe ich als Kind einfach zu viele Animé-Filme geschaut“

Interview: Thomas Clausen

Alex, du stammst ursprünglich von der winzigen Insel Guernsey vor der britischen Westküste. Nicht unbedingt der Ort, an dem man so einen tanzbaren Clubsound verorten würde!
Es gibt dort ein paar Pubs und ein oder zwei Clubs, in denen jede Nacht die gleichen Tracks laufen. Im Grunde kann man sich auf Guernsey nur an den Strand setzen und sich hemmungslos betrinken. Irgendwann hatte ich darauf absolut keinen Bock mehr; stattdessen habe ich mir verschiedene Instrumente und das Produzieren beigebracht. Schließlich fing ich an, erste eigene Songs ins Netz zu stellen.

Wie sah deine erste Begegnung mit der Musik aus?
Meine Oma spielte mir als Kind ständig Phil Collins vor. Sie ist eine coole Lady mit einem sehr guten Musikgeschmack. Ich glaube, es lief oft sein Song „Another Day In Paradise“ auf Dauerschleife. Meine Mutter mochte eher Joni Mitchell, mein Vater war ein großer Fan vom „White Album“ der Beatles und mein älterer Bruder war Mitglied in einer Samba-Band. Mit 15 habe ich dann elektronische Musik und Acts wie Hudson Mohawke oder James Blake für mich entdeckt. Alles in allem ein ziemlich wilder Stilmix, mit dem ich aufgewachsen bin.

Was denkt deine Großmutter über dein neues Album?
Sie findet meine Tracks total super! Und sie freut sich natürlich für mich, dass meine Shows mich quer über den Planeten führen. Auch meine Mum hat sich schon einige meiner Auftritte von der Bühne aus angesehen und war komplett von den Socken. Zuerst war sie nicht so wirklich begeistert, als ich wegen der Musik die Uni schmiss. Aber mittlerweile hat sie eingesehen, dass es die richtige Entscheidung war.

Mit 19 bist du vom langweiligen Guernsey ins aufregende London gezogen…
Viele Leute, die dort geboren sind, bleiben tatsächlich ihr ganzes Leben auf Guernsey wohnen. Für mich wäre das nichts. Ich wollte ursprünglich in Brighton Literatur und Philosophie studieren, während ich musikalisch mehr und mehr in die britische Underground-Culture eintauchte. Ich kann mich noch genau an meine aller erste Busfahrt in London erinnern: Man konnte tausend verschiedene Sprachen von Menschen mit tausend verschiedenen Nationalitäten hören. Das hat sofort Spuren in meinem Sound hinterlassen…

… auf dem sich diese Einflüsse heute in Form von Elementen aus House, Pop, Trap, Dancehall, Funk, Calypso und HipHop wiederfinden.
Ich versuche, diese unglaubliche Vielschichtigkeit musikalisch darzustellen. Die ganze Platte ist eine Art Soundcollage dessen, was ich in London erlebt habe. Daneben finden sich auch Teile, die in Los Angeles, New York, Paris und in Japan aufgenommen wurden. Ich sammle Geräusche und nehme ständig mit meinem Phone die Noises um mich herum auf. Viel davon landet dann mehr oder weniger verfremdet auf meinen Songs. Das meiste entsteht am Laptop in Bussen, Zügen oder auf Flügen. Die Tracks wären in dieser Form definitiv nicht auf Guernsey entstanden.

Außerdem hast du ein ausgeprägtes Faible für exotische Klänge.
Ich liebe den Sound tropischer, asiatischer und fernöstlicher Instrumente wie Steel Drums, Bambusflöten oder Gitarren aus dem Himalaya. Je seltsamer, desto interessanter!

Deine Vorliebe für die fernöstliche Kultur spiegelt sich auch in deinem Künstlernamen wider: Du hast dich nach Muramasa Sengo, einem japanischen Samurai-Schwert-Schmied aus dem 16. Jahrhundert benannt. Wie kam es zu diesem ungewöhnlichen Pseudonym?
Es klingt dramatischer, als es tatsächlich ist. Ich habe als Kind wohl zu viele japanische Animé-Serien geschaut. Meine Brüder und ich standen total auf Nintendo-Spiele und Pokemon. Eine wirkliche Philosophie steckt aber nicht hinter diesem Namen.

Mit Special Guests wie Charli XCX, Desiigner, A$AP Rocky, Christine & The Queens oder Damon Albarn hast du dir ziemlich angesagte Acts an Bord geholt. Klingt nach einer stabilen Studio-Party!
Wir hatten definitiv eine Menge Spaß! Rocky lief mit seiner gesamten Entourage in den berühmten Abbey Road Studios auf; er hatte insgesamt sicher über 15 seiner Buddies und ein paar wirklich heiße Girls im Schlepptau. Nachdem wir seinen Part aufgenommen hatten, haben wir für alle Pizza bestellt und sein Weed getestet… Christine war gerade auf dem Weg zu einer Fashion-Show, als sie kurz bei mir vorbei kam, um ihren Track einzusingen. Besonders happy bin ich darüber, dass mein großes Idol Damon Albarn tatsächlich zugesagt hat. Eigentlich war geplant, dass ich etwas zum aktuellen Gorillaz-Album beitragen sollte; jetzt ist er stattdessen auf meiner Platte vertreten, was natürlich viel cooler ist! Charli XCX, Desiigner und A$AP Rocky haben mich kürzlich beim Coachella Festival live on stage unterstützt – wir haben die ganze verdammte Bühne in Schutt und Asche gelegt!

Dabei bist du privat eher ein echter Partymuffel, glaubt man den Gerüchten!
Da ist etwas Wahres dran. Ich gehe tatsächlich selten weg. Es gibt gerade zwei wahnsinnig angesagte Läden, von denen man viel Gutes hört: Visions Videobar und Fabric London. Da es auf Guernsey nur zwei Clubs gab, komme ich einfach nicht mit dem großen Angebot in London klar. Ich bleibe lieber Zuhause und mache Musik in meinem Schlafzimmer. Ich tüftle gerne an den Tracks und habe wahnsinnig viel Zeit für die Feinarbeit an dieser Platte verwendet. Eigentlich ist sie schon seit über einem Jahr fertig; ich habe insgesamt drei Abgabe-Deadlines von meiner Plattenfirma platzen lassen. Irgendwann haben sie aufgegeben und mich einfach machen lassen…

Mura Masas selbstbetiteltes Debütalbum ist heute bei Universal Music erschienen.

Nylon
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