Interview: Wie die Aries Gründerin und Kreativdirektorin Sofia Prantera Tommy Jeans hackt
Wenn Hacking für euch nur mit Computern verbunden ist, solltet ihr euch die neue Kollaboration von Tommy x Aries anschauen. Denn Gründerin und Kreativdirektorin Sofia Prantera hat es geschafft, Tommys Preppiness durch den Streetstyle von Aries zu „hacken”. Wir haben sie zum Interview getroffen.
Passend zum aktuellen Sternzeichen läutet auch Tommy Jeans mit seiner neuesten Collaboration die Aries-Season ein. Das wortwörtlich, denn die US-amerikanische Heritage-Brand lud das Londoner Luxus-Streetwear-Label Aries in seine Archive ein. Entstanden ist dabei eine Kollektion, die sich auf gemeinsame Silhouetten und Proportionen und handgefertigten und distressed Techniken von Aries konzentriert, um die klassischen Tommy-Codes neu zu interpretieren. Oder wie es Aries Gründerin und Kreativdirektorin Sofia Prantera sagen würde: „Die ganze Idee dahinter war, dass wir diese Marke ,hacken‘.” Die 35-teilige Herren-, Damen- und Schuhkollektion wurde von den Tommy Jeans-Vergangenheit inspiriert und durch die Brille von Aries überarbeitet. Ein Spiel mit gelayerten Proportionen und Denim bringt den Luxus-Streetwear-Vibe in Tommys Preppiness. Zu den wichtigsten Teilen gehören das Jacquard-Tape-Logo-Kleid und die schwarze Trucker-Jacke mit passender 5-Pocket-Pants sowie eine lässige Indigo-Denim-Jacke und eine Baggy-Denim-Hose mit Siebdruck in verschiedenen Farben.
Gesicht der Kampagne sind die Grammy nominierte Rapperin GloRilla, Grime-Artist Novelist sowie die Talents 5EB, Brian Tshabola, Haajar Djouada, Kasper Kapica, Kirbs, Nathan Rosen und Xiao Wang. Neben den Kampagnenbildern von Angelo Pennetta hat es sich auch Sofia Prantera nicht nehmen lassen, ihre Erinnerungen an den Hip-Hop der 90er-Jahre in einem Film begleitet von einer Instrumental-Version von GloRillas ,Unh Unh’ zu inszenieren. Wir haben Sofia zum Interview getroffen und mit ihr über die Collaboration mit Tommy Jeans, genderless Fashion und die modische Zukunft gesprochen.
Interview mit Aries Gründerin und Kreativdirektorin Sofia Prantera
NYLON: Nach vielen erfolgreichen Kooperationen mit anderen Marken und jetzt mit Tommy Jeans, was macht für dich eine gute Mode- und Marken-Collaboration aus?
Sofia: Für mich geht es darum, herauszufinden, wer die andere Marke ist und welcher Teil von Aries zu der anderen Brand passt. Das macht Spaß, aber manchmal ist es auch schwieriger für die andere Marke, weil sie vielleicht etwas anderes von uns erwartet. Diese Zusammenarbeit wurde sehr gut umgesetzt und alle Beteiligten haben sich sehr gut verstanden. Diese Collaboration kam vor allem durch ein Designteam zustande. Wir haben uns mit Lee Holman, dem Kreativdirektor von Tommy Hilfiger, zusammengetan und ich hatte zuvor schon einige Gespräche mit ihm über eine mögliche Zusammenarbeit geführt. Wir haben beschlossen, dass eine Collab der interessanteste Weg ist, etwas gemeinsam zu machen, da man viel mehr Spielraum hat. Man kann beide Marken nutzen, um eine neue Welt zu interpretieren und etwas völlig anderes zu machen. Und viele Kooperationen kommen auch aus dem Marketing und anderen Bereichen der Zusammenarbeit. Diese hier kam aus dem Design, wo ich herkomme.
Wie bist du bei der Entwicklung der Tommy x Aries Collection vorgegangen?
Der Designprozess begann damit, dass ich mir ansah, wer Tommy ist und was Tommy für mich als Marke repräsentiert. Ich bin in den 90er-Jahren nach London gezogen. Das Erste, was ich von Tommy hörte, war durch Hip-Hop-Künstler*innen wie Aaliyah und Snoop, die die Marke getragen haben. Obwohl Tommy damals eine sehr preppy Marke war, die sich mit Calvin Klein und Ralph Lauren messen konnte, hatte die Brand eine einzigartige Sichtweise auf Hip-Hop. Ich hatte das Gefühl, dass das der beste Weg war, um als britische Marke in die Tommy-DNA einzutauchen. Wir begannen damit, die Geschichte von Tommy zu studieren und stellten fest, dass viele der Outfits, die damals für Aaliyah angefertigt wurden, durch die Wiederverwendung von Menswear entstanden sind. Das machen wir auch oft. Ein großer Teil unserer Womenswear ist also wiederverwendete Menswear. Wir hatten das Gefühl, dass das ein guter Anfang sein könnte.
Tommy hatte gerade eine Deadstock- und Vintage-Website eröffnet. Wir scrollten also durch Website und schauten, womit wir arbeiten könnten. Tommy haben uns Zugang zu all ihren Deadstocks und Vintage-Styles gegeben, um sie zu hacken und neu zu verwenden. Wir haben angefangen, Dinge aus alten Latzhosen zu machen, wie Korsetts oder Kleider aus Gummibändern. Viele Kollaborationen entstehen durch die Verschmelzung zweier Marken. Die ganze Idee hinter dieser Zusammenarbeit war, dass wir die Marke hacken. Wir fügen nicht unsere Logos zusammen, sondern wir setzen unser Logo auf ihr Logo.
Wenn man zusammenarbeitet, überlegt man, wie der kreative Teil funktionieren kann. Und wieder war es die Idee, Amerika und Großbritannien an einem Ort zu vereinen. Wir hatten die tolle Erfahrung, mit GloRilla zu arbeiten, der neuen Markenbotschafterin von Tommy. Und es ist das erste Mal, dass sie daran arbeitet. Wir sind die Ersten, die mit ihr für Tommy gearbeitet haben, und wir haben britische Rapper auf ihren Beats rappen lassen. Es war eine Art britischer Blickwinkel auf USA und die US-amerikanische Preppy-Welt und umgekehrt.
Ich habe Brian Nasty in dem Kampagne-Video gesehen und dachte mir, ich habe ihn schon mal auf Instagram gesehen.
Es ist sehr interessant, wie das Video entstanden ist, denn wir haben mit Angelo Pennetta Stills geshootet und wollten ein Video dazu machen. Wir haben es irgendwie geschafft, [die Talents] im Studio rappen zu lassen, aber Brian durfte nicht mitmachen, weil er bei einer anderen Plattenfirma unter Vertrag ist. Es wäre toll gewesen, wenn er das auch hätte machen können. Aber am Ende haben wir es irgendwie nicht hinbekommen und die Stimmen auf GloRillas Beats gelegt. Sie hat viel geflucht, das musste rausgeschnitten werden. Wir hatten viel mehr von ihr. Ich bin sicher, dass wir eines Tages die ungeschnittene Version veröffentlichen werden, in der sie viel mehr rappt. (lacht)
Wenn du die Kollektion in drei oder fünf Worten zusammenfassen müsstest, welche wären das?
Hacked, pumped, logoed und DIY. Sie hat die DNA beider Marken. Und ich denke, in dieser Hinsicht war es für mich eine der interessantesten Kooperationen, die wir je gemacht haben.
Du hast vorhin erwähnt, dass ein Großteil der von Aries entworfenen Mode geschlechtsneutral ist. Und in einem Interview sagtest du, als du anfingst, seien die Leute noch nicht bereit dafür gewesen. Was würdest du gerne in der Mode ändern, wovon du denkst, dass der richtige Moment dafür noch nicht gekommen ist?
Alle sprechen über genderless und es findet überall statt. Aber wenn es darum geht, Kleidung zu verkaufen, ist es noch nicht so weit, weil die Größen nicht einheitlich sind. Für Verbraucher*innen ist es immer noch schwierig, eine geschlechtsneutrale Marke zu verstehen, weil die Menschen, abgesehen von einer engen Avantgarde, die Welt immer noch als sehr binär sehen. Sehr oft wird uns die Frage gestellt: Welche Größe soll ich nehmen? Die Realität ist, dass die meisten Menschen die meisten Größen tragen können. Es wird nur etwas anders sitzen. In einer idealen Welt müsste man das nicht tun. Ich glaube, es wird noch lange dauern, bis wir Gender eher als Graustufe und nicht nur Schwarz und Weiß sehen.
Auf jeden Fall. Letztendlich ist die Art und Weise, wie Menschen Mode kaufen, immer noch ein Spiegel der Gesellschaft. Es wäre toll, wenn genderless Fashion nicht nur ein modisches Statement wäre, sondern wirklich in unsere Gesellschaft integriert werden könnte.
Genderless Fashion ist noch sehr weit davon entfernt, Mainstream zu sein. Wenn man mit großen Marken wie Tommy arbeitet, weiß man, dass sie mit einer Mainstream-Zielgruppe zu tun haben. Mir ist klar, dass das, was wir machen, für ein größeres Publikum schwierig ist. Dessen bin ich mir völlig bewusst. Es geht immer darum, eine größere Menge zu erreichen. Man muss die Dinge auf eine Art und Weise vereinfachen, die man manchmal vielleicht gar nicht möchte. Und ich denke, das ist kompliziert.
Was ist dein Lieblingsstück aus der Kollektion und was wäre dein Tipp, um es zu stylen?
Ich mag das Korsett sehr, aber das ist ein Einzelstück. Die Verwandlung der Latzhose in das Korsett war wirklich befriedigend, es hat einfach so gut gepasst. Ich liebe die Schuhe, ich liebe das Jeanshemd und die Jeans, ich liebe die Unterwäsche. Es gab so viele gute Sachen, die wir gehackt haben. Die Hemden zum Beispiel, die nicht kommerzialisiert waren. Wir haben es auf einer kleineren Basis gemacht, aber wir haben Tommys Basic-Shirt überfärbt und überdruckt. Jedes Stück hat seine eigene Geschichte.
Aber viele der kommerzielleren Stücke sind wirklich großartig. Ich liebe zum Beispiel die elastischen Pieces, die über die Hemden gestylt wurden. Es gibt auch eine Menge Inspiration für Leute, ihre eigenen Teile zu machen. So wie die Idee, den Rücken des Hoodies abzuschneiden und ihn als rückenfreies Kleid zu tragen. In der Modebranche müssen wir die Menschen dazu inspirieren, ihr eigenes Ding zu machen. Und es geht nicht immer nur darum, mehr zu kaufen. Habt das Selbstvertrauen etwas zu tun.
Die Kollektion wird ab dem 31. März 2023 in ausgewählten Tommy Jeans Stores und Wholesalers, auf tommy.com und im Aries Store in London erhältlich sein.
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