Girls we Heart: Tanwi Nandini Islam
Ein erfolgreicher Debütroman und ein Kultlabel für angesagte Düfte: Tanwi Nandini Islam ist in New York längst keine Unbekannte mehr. Die Autorin und Parfümeurin aus Brooklyn erzeugt mit Literatur und Düften ein ganz neues Gefühl von Zuhause.
Fotos: Danny Kasirye // Text: Molly Beauchemin
Auf dem Sofa ihres Apartments in Williamsburg reflektiert Tanwi Nandini Islam über die Poesie wie sie eigentlich hierher gekommen ist. „Ich habe ein sehr unstetes Leben geführt, war nie besonders lange an einem Ort,“ erinnert sie sich, während sie ihre bisherigen Wohnorte wie Punkte einer Einkaufsliste abhandelt: „Illinois, Alabama, Texas, Missouri, Bangladesch…,“ sie zählt noch einmal nach. „Als Kind habe ich immer Where in the world is Carmen Sandiego? Gesehen und darüber nachgedacht, welchen Wohnort ich wählen würde, wenn ich Teil der Show wäre. „Ich habe mich immer für New York entschieden,“ sagt sie. „Ziemlich witzig, wenn man bedenkt, dass ich später tatsächlich nach New York gezogen bin und auch tatsächlich in der Show war. Aber bevor ich nach Brooklyn zog, hatte ich immer ein großes Verlangen nach einem Zuhause mit Geschichte, einem Ort, an dem ich mich niederlassen kann.“
Die Sehnsucht nach einem Zuhause – ob real oder gefühlt – inpirierte Islam zu ihrem von Kritikern gefeierten Debütroman,„Bright Lines“, der 2015 erschien und die Geschichte einer jungen Frau aus Bangladesch erzählt. Vor der zweischneidigen Kulisse aus Brooklyn und Bangladesch versucht sie ihren Frieden mit der Vergangenheit ihrer Familie zu finden. Diese Art der erzählerischen Selbstreflexion befeuerte außerdem Islams Interesse an Geruchswelten als alternative Darstellungsform ihrer Geschichten. „Ich habe angefangen, ätherische Öle zu sammeln und daraus hat sich dieses Projekt entwickelt,“ erklärt sie „Hi Wildflower Botanical“, die Duftlinie, die Islam veröffentlichte, während sie noch an ihrem Buch schrieb.
„Das Parfüm ist ein Moment der Meditation und Besinnung,“ erklärt sie das Unterfangen, seltene Pflanzen und zarte Rohmaterialien der Parfümerie zusammenzubringen, um die Mystik uralter Rituale und ferner Orte heraufzubeschwören. „Besonders in einer Stadt wie New York, stelle ich mir vor, wie jeder, der hier durch die Straßen hetzt, mal eine Kerze anzünden, sich ein Glas Wein holen und einfach chillen sollte. „Hi Wildflower“ greift genau das auf.“
Es war der Gedanke, die Welt anhand von Gerüchen zu erforschen, der Islam auf die Idee brachte, Kerzen herzustellen, die von Büchern inspiriert sind und Düfte zu kreieren, die alle Novellen aufgreifen, von denen die junge Autorin beeinflusst wurde. „In Kiese Laymons Buch „Long Devision“ beschreibt er den Süden mithilfe der Pflanzen ‘Moos und Magnolien‘, das war für uns natürlich eine Steilvorlage,“ beschreibt sie eine aktuelle Kollaboration. „Es ist echt witzig, weil es im Prinzip fan fiction ist, nur eben mit einer Kerze.“
Die nächste Kollektion von Düften wird vom zweiten Buch der Autorin selbst inspiriert sein, an dem sie zur Zeit schreibt. „Es heißt Remnants of a Star und erzählt die Geschichte eines Filmemachers und eines Parfümeurs, die gemeinsam einen Film über die älteste Frau der Welt machen,“ so Islam.
„Mir gefällt die Idee, ein paralleles Geruchsuniversum zu entwerfen um die Leseerfahrung des Buches zu vertiefen. Ein Duft kann dich tatsächlich in eine andere Welt transportieren und damit möchte ich spielen.“
Was ihr eigener Lieblingsduft sei? „Ich liebe „Hi Wildflowers Mojave“. Während meiner Lesetour in L.A. bin ich eines Nachts zum Joshua Tree gefahren, ganz alleine. Der Himmel war voller Sterne, man konnte die Milchstraße sehen und die Wüste roch nach Weltraum – Ich habe mich gefühlt, als wäre ich auf dem Mars, weil Joshua Tree so aussieht. Das Parfüm ist von heiligen Rauchzeichen wie Palo Santo, sowie Salbei, Eukalyptus, Leder, warmer Vanille und dieser vertrockneten Erde inspiriert,“ sinniert sie, während sie die Schönheit der Reise erklärt, die sie mit Mojave konservieren möchte. „Deswegen liebe ich Parfüm – weil wir es nicht brauchen, aber trotzdem brauchen“, sagt sie mit einem Lächeln. „Es bringt uns Freude und davon braucht die Welt jede Menge.“
Tanwi’s Must-Haves:
Ich esse: Ich liebe die Tacos im La Superior und ich stehe total auf dieses leckere Essen ohne Schnickschnack im House of Small Wonder.
Ich trinke: Donna’s Brancolada ist super—Das ist ein Frozen Piña Colada mit Branca Menta.
Vintage Shopping: Dusty Rose Vintage hat tolle Jacken. Außerdem liebe ich Narnia Vintage – und Fox & Fawn hat echt abgefahrene Fundstücke.
Ich höre: Ich stand ewig auf William Onyeabor, der ist super. Außerdem mag ich Flying Lotus, Little Dragon, und Erykah Badu natürlich. Ich liebe so meditative atmosphärische R&B Vibes.
Ich lese: The Farthest Shore von Ursula K. Le Guin
Reisen: Ich war gerade in Medellín und Cartagena, Kolumbien, und das kann ich wärmstens empfehlen, wenn man auf Architektur, Musik und gutes Essen steht. Die Altstadt von Cartagena hat schon Gabriel Garcia Márquez inspiriert. Außerdem gibt es dort eine Cevicheria namens El Boliche – So gut!
Objekt der Begierde: Ich liebe die Schuhe von Maryam Nasser Zadeh’s — Ich bin so froh, dass der Blockabsatz zurück ist!
Ich glaube: Es gibt zwei Phrasen, die mir bei der Entstehung von Hi Wildflower begegnet sind — „Blühen im Randgebiet” und „wachsen frei und überall”. Sie spielen auf Wildblumen als Metapher an. Sie wachsen aus Asphalt heraus, auf Klippen, Sanddünen, oder Wiesen — Und in diesem Sinn denke ich, dass sich jede Person ihre Originalität bewahren und ihrer eigenen religiösen Natur treu bleiben sollte.
Mein Beautytipp: Lila Lippenstift forever! Meine Favoriten sind dabei zum Beispiel Nars Silvia (limited edition) und Smashbox Tabloid.
Stöbern: Die Suche nach Inspiration ist für mich eine analoge Angelegenheit. Ich tauche in mein Tarotkartenset ab oder in Das Buch der Symbole vom Taschen Verlag, um meinen kreativen Kreislauf anzukurbeln.