Amber Valletta über Fair Fashion und die Kunst, zu scheitern
Amber Valletta kam als 90s-Supermodel groß raus, ist heute Schauspielerin – und engagiert sich für Fair Fashion. Zur Premiere des Chapter 3 der Mercedes Benz Fashion Story haben wir mit ihr über nachhaltige Mode und die neue Modelgeneration gesprochen. Und darüber, warum es wichtig ist, zu scheitern.
Amber Valletta hat abgeräumt. 16 VOGUE-Cover, Kampagnen für Versace bis Vuitton. 27 Jahre Model-Business und eine Schauspiel-Karriere obendrauf. Vermutlich wäre sie aber besser Aktivistin geworden, denn: Seit Jahren engagiert sich Valletta im Klima- und Tierschutz. Ihre Motivation hat sie –natürlich – auf die Welt der Mode ausgeweitet. Da passt eine Zusammenarbeit mit dem nachhaltigen Elektromobil-Konzept „EQ“ von Mercedes perfekt. Im neuen „Kapitel“ der Kampagne posiert Amber jetzt mit ihrem Sohn Auden McCaw (Behind The Scenes-Pics seht ihr hier!). An ihn will sie ihr Engagement über Nachhaltigkeit weiterreichen. Vorher teilt sie ihr Wissen aber auch mit uns.
Du hast mal gesagt, dass du glaubst, die heutige Generation würde dich nicht kennen. Wie beschreibst du dich in drei Sätzen?
Als Prominente bin ich jemand, der seit fast 30 Jahren als…Supermodel oder Fashion-Ikone arbeitet. Viele kennen mich auch aus Filmen oder aus Fernsehserien. Als Privatperson geht’s mir darum, ein authentischer, aktiver Mensch zu sein.
Seit ein paar Jahren bist du mit deiner eigenen Plattform „Master & Muse“ aktiv, auf der du nachhaltige Designer und Marken vorstellst. Seit 2015 ist da aber nicht mehr so viel passiert – wie ist denn der aktuelle Stand?
Wir sind gerade inaktiv, arbeiten aber daran, das Business auf das nächste Level zu bringen. Das heißt, tatsächlich auch selbst Produkte zu produzieren und Kollaborationen auszuweiten. Aktuell gibt es da ein großes Filmprojekt, bei dem wir an der Finanzierung arbeiten. Es soll nachhaltige Mode in spannendem Licht zeigen.
Wirst du darin die Hauptrolle spielen?
Es gibt eine Rolle für mich, aber die Hauptrolle geht an jemand anderen – an wen ist noch ein Geheimnis. Ich warte darauf, ob die Person es machen möchte. Das Skript ist aber schon mal super! Lustig, unterhaltsam, informativ – und sexy.
Mit H&M hast du eine Conscious Collection entworfen und engagierst dich besonders für nachhaltige Mode und gegen Fast Fashion-Unternehmen. Angenommen du würdest den Boss einer solchen Firma treffen: Was fragst du diese Person?
Warum können sie es nicht anders machen? Was hält sie davon ab, weniger und bessere Produkte zu produzieren, die auch noch länger halten? Ich weiß, dass viele da eine Standard-Antwort liefern würden, aber ich würde sie herausfordern und klarmachen, dass der Kunde es definitiv möchte. Sie könnten Vorreiter im Business sein. Wenn die Marken einfach einen Gang runter fahren, die Preise ein wenig erhöhen und Qualität verbessern, haben wir als Konsumenten auch keine andere Wahl, als ihnen zu folgen. Selbst wenn wir uns ein bisschen beschweren.
Obwohl wir ja alle wissen, dass viele Firmen unethisch produzieren, gibt es auch das Gegenargument, dass sie Arbeitern vor Ort wichtige Jobs bieten und vor Armut bewahren…
Aber warum sollte man ihnen auch die Jobs wegnehmen? Bezahlt und behandelt sie einfach besser!
Im Panel-Talk auf der me Convention wurde Mode auch mit Healthy Food verglichen. Wir machen uns viel mehr Gedanken darum, was wir in unseren Körper lassen, anstatt was wir an ihn ran lassen.
Ja! Dabei ist die Haut unser größtes Organ, da ergibt es eigentlich nur Sinn, dass wir uns bedenken, was mit ihr in Kontakt kommt. Allgemein tut sich aber einiges: Wir meditieren mehr, machen Yoga und Sport, sprechen über unser Essverhalten. Es wird unvermeidbar sein, dass Mode ein Teil dieser Bewegung wird. Es geht nicht darum, ob man Autos produziert, Möbel, oder eben Mode. Ich kann diese Denkweise einfach nicht verstehen, dass man immer mehr und mehr nehmen will.
Wenn du schon von einem ganzen Lifestyle sprichst – wie nachhaltig lebst du selbst wirklich?
Erst einmal kaufe ich Produkte aus biologischem Anbau. In Kalifornien haben wir tolle Bauernmärkte und können dabei helfen, die lokale Wirtschaft zu unterstützen. Ich hab ein Elektro-Auto von Mercedes und hatte jahrelang Solaranlagen auf dem Dach. Zuhause benutzen wir ökofreundliche Produkte, und ich versuche, so wenig Plastik wie möglich zu verwenden. Ich habe eine Trinkflasche und Einkaufstaschen aus Stoff, die ich immer wieder verwende. Es ist nicht perfekt, aber ein Anfang. Ich versuche einfach, das zu tun, was ich von allen anderen verlange.
Du fühlst dich also verantwortlich. Von Verantwortung spricht man oft auch bei jungen Models und Influencern wie Gigi Hadid und Karlie Kloss. Diese Girls haben einen unglaublichen Einfluss. Steigt ihre Verantwortung mit der Follower-Zahl?
Ich persönlich finde: Ja. Ich glaube aber auch, dass diese Bewusstsein von der einzelnen Person selbst kommen muss. Man kann den Mädchen auch nicht alles aufladen, es geht ja um die ganze Generation. Ich möchte einfach sehen, dass die Mädels (und Jungs!) ihre Macht für positiven Einfluss nutzen, ob das jetzt für Mode ist, oder eine Charity, an die sie glauben. Hauptsache es geht nicht darum, noch mehr Follower, Geld und Macht zu bekommen.
Durch Social Media und Fast Fashion hat sich die Modeszene drastisch verändert. Was ist der größte Wandel?
Auf der positiven Seite hat sich Mode demokratisiert, sie ist eindeutig vielseitiger geworden. Digitale Medien und Social Media haben der Branche aber leider viel Spannung genommen. Und dann noch überall Photoshopping, Online-Mobbing, da müssen wir echt aufpassen.
Im Chapter 3 der Mercedes Benz EQ-Kampagne posierst du an der Seite von deinem 16-jährigen Sohn Auden. Welchen Rat gibst du ihm bei solchen Problemen? Er ist ja sicher online voll aktiv.
Ehrlich gesagt ist er das gar nicht mal so sehr.
Kommt das von ihm selbst oder hast du ihn so erzogen?
Beides. Wir haben darüber gesprochen, dass vieles Fake und „shameless Self-Promotion“ ist. Seine Generation ist aber sowieso auf der Suche nach Realität und etwas Authentischem. Sie hören wieder Schallplatte, gucken sich alte Filme an, kaufen Vintage. Ich versuche ihm immer zu sagen: Mach’s besser. Du brauchst nicht mehr zu haben, versuch’ einfach, smart zu sein.
Im Panel-Talk hast du gesagt, dass wir uns nie in positiven Zeiten verändern, sondern nur, wenn alles schlecht läuft.
Man lernt vom Leben. Ich lerne auch noch jeden Tag und entdecke mich selbst neu. Wenn du jung bist, entwickelt sich noch so viel und du versuchst erst mal, den nächsten Schritt zu finden. Ich wusste vieles noch nicht und hab Zeit gebraucht …und Scheitern ist gut!! Junge Menschen müssen das wissen! Ob man an einem Test scheitert, im Sport, in einer Beziehung, man lernt erst durch Scheitern, Dinge anders zu tun. Erfolg kann einem viel beibringen, aber meistens ist es Failure, die einen weiterbringt.
Zum Abschluss gibt’s jetzt noch ein paar Modefragen. In Zeiten überfüllter Kleiderschränke – auf welche Merkmale achtest du beim perfekten Kleidungsstück?
Material, das hält. Gute Passform. Gute Verarbeitung. Wo und wie wurde es produziert? Versucht die Marke, nachhaltig zu arbeiten?
Und dein Outfit heute, erfüllt das alle Kriterien?
Das ist von einem kleinen Label namens „Pallas“ aus Paris. Super Design. Und ich hab‘ es mir ausgeliehen, also ist es quasi nachhaltig, weil ich es nicht behalte. Sie produzieren nicht viel Kleidung, es ist nicht Fast Fashion.
Und finally: in welchem Outfit fühlst du dich am wohlsten?
Definitiv meine High Waist Vintage Levi’s 501s. Weißes Bio-Shirt. Ein cooler Blazer, ein Paar Boots. Fertig.