Von Berlin nach Hollywood: Luise Großmann über ihren Film „Uppercut“
Schauspielerin und Produzentin Luise Großmann bringt mit Uppercut einen phänomenalen Film auf die Leinwand. Zwischen Boxring, Hollywood-Träumen und Female Empowerment – ein Gespräch über Mut und Wandel.
Luise Großmann aka Luiii ist mehr als nur Schauspielerin – sie ist eine Macherin. Mit Uppercut, ihrem ersten internationalen Film, erobert sie nicht nur zum zweiten Mal den Boxring, sondern auch die große Leinwand. Zwischen Berlin und Los Angeles pendelnd, spricht sie mit uns über die Kraft komplexer Frauenrollen, ihre Liebe zum Boxsport und ihre Zukunftspläne in Hollywood. Ein Gespräch über Selbstbestimmung, Female Empowerment und die Kunst, sich selbst immer wieder herauszufordern.
Worum geht es in Uppercut?
Uppercut ist ein intensives Drama über Kampfgeist, Selbstfindung und unerwartete Verbindungen. Im Zentrum steht Toni, gespielt von Luiii– eine deutsche Ex-Boxerin, die in New York gestrandet ist und mit ihrer eigenen Vergangenheit kämpft. Als sie auf Elliott, einen in die Jahre gekommenen US-Trainer (gespielt von Hollywood-Legende Ving Rhames), trifft, prallen zwei Welten aufeinander. Was als Zweckgemeinschaft beginnt, wird zu einer emotionalen Reise über zweite Chancen, Schmerz und die Kraft, wieder aufzustehen – im und außerhalb des Rings.
Blazer von Atelier Paula Votteler
NYLON: Good Morning nach LA! Lebst du mittlerweile dort oder arbeitest du schon am nächsten Hollywood-Projekt?
Luiii: Unser Film Uppercut wurde hier gerade released. Deshalb bin ich noch hier, für PR, Presse, Meetings und so weiter. Ich wohne noch in Berlin, verbringe aber immer mehr Zeit hier. Ich hatte auch schon meine ersten US-Castings und neue Projekte sind schon in development.
Wie sieht denn dein Alltag gerade so aus?
Da ich nicht nur Schauspielerin, sondern auch Produzentin bin, kann das sehr unterschiedlich sein. Ich habe eigentlich keinen richtigen Alltag. Mal ist es ein Casting vorbereiten oder Interviews geben, mal mit unseren Partnern wie Lionsgate über die nächsten Steps sprechen, Marketing planen, neue Projekte pitchen. Das ist immer ganz unterschiedlich.
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Wir wollen natürlich über Uppercut sprechen. Der deutsche Release ist gut einen Monat her. Wie ist das Feedback bis jetzt?
Es ist meine erste internationale Rolle und da wir nicht nur den deutschen, sondern auch den amerikanischen Release haben, ist das schon alles sehr besonders. So langsam realisiere ich aber, was wir da geschaffen haben. Es ist ein Film, der polarisiert. Insbesondere meine Figur Toni eckt oft an. Was durchaus interessant ist, weil oft nach starken komplexen Frauen-Figuren gefragt wird. Und dann ist da eine, die dann von manchen als „drüber“ oder „nervig“ empfunden wird. Ich kann nur sagen: Mission accomplished! Wir Frauen sollten alles sein dürfen, ohne uns dafür entschuldigen zu müssen.
Wie war es für dich in einem Englischsprachigen Film mitzuspielen? Und hast du die deutsche Version selbst gedubbt?
Dadurch, dass ich eine Deutsche spiele, die in New York lebt, musste ich mir ein Glück keine Gedanken um meinen Akzent machen – der war Teil der Story. Und ja, ich habe mich selbst gedubbt. Das war erstmal ungewohnt und auch herausfordernd, aber es hat letztendlich total Spaß gemacht.
Wie war die Zusammenarbeit mit einem Schauspieler wie Ving Rhames, der seit 40 Jahren im Business ist?
Das war definitiv eine Ehre und eine große Freude. Am Anfang war ich zwar auch ein bisschen nervös, wie das so werden würde mit jemandem zu arbeiten, der sonst mit Tom Cruise dreht und schon mit Quentin Tarantino gearbeitet hat. Da hat man Respekt. Aber wir hatten vom ersten Tag eine wirklich tolle Energie miteinander. Er war aufgeschlossen und neugierig. Ich war das auch. Und so fiel es uns leicht, miteinander zu arbeiten.
Mit dem Boxen kennst du dich ja schon aus. Du hast im deutschen Vorgänger-Film „Leberhaken“ die junge Boxerin Steph gespielt. Wie würdest du die beiden Filme vergleichen?
Natürlich sind Teile von Leberhaken mit in Uppercut eingeflossen. Die Intensität der Geschichte, die grobe Storyline. Und doch war es ein ganz neues Projekt, das ja allein durch die neue Konstellation an Menschen und Plätzen anders ist. Außerdem haben wir in Uppercut einen zweiten Zeit-Layer, den es in Leberhaken nicht gibt. Und natürlich waren die Welten von Toni und Elliott noch einmal deutlich weiter auseinander als die von Steph und Rick, das hat es für mich noch einmal spannender gemacht.
Pelzmantel von The Kooples, Top und Hose von Marine Serre, Schuhe von Iro Paris
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Wo siehst du Ähnlichkeiten zwischen dir, Steph und Toni?
Steph und Toni sind beides sehr starke Charaktere, die sich nicht so schnell von ihrem Weg abbringen lassen, auch wenn man dabei manchmal aneckt. Ich denke, das haben wir gemeinsam. Ich finde die beiden sehr inspirierend und denke, wir alle sollten uns weniger Gedanken darüber machen, was andere so denken. Gleichzeitig sind Steph und Toni neugierig genug, ihre eigenen Denkmuster zu hinterfragen und ihre Komfortzone zu verlassen. Das würde ich mir in dieser teilweise sehr verkopften Zeit mehr wünschen.
Was waren die Unterschiede in der Produktion von Leberhaken und Uppercut? Hatte Uppercut mehr Hollywood Glamour?
Natürlich war das Gefühl, hier in LA und in New York an einem Film-Set zu stehen, mit einer komplett amerikanischen Crew (abgesehen von Torsten, dem Regisseur) etwas Besonderes. Aber wir waren immer noch eine Independent Produktion. Das heißt wir konnten nicht (wie bspw. in den Mission Impossible Filmen) mit Geld um uns schmeißen. Glamourös sah es das dann erst bei der Premiere aus! Aber 90 Prozent der Zeit ist es harte Arbeit mit meistens sehr wenig Glamour.
Als junge Toni warst du ja eher casual und sporty unterwegs, als erwachsene Toni schon eleganter und im Editorial sehen wir dich sehr verspielt und glamourös. Wie würdest du deinen persönlichen Style beschreiben?
Das kommt sehr auf meine Stimmung an. Mein Lieblings-Piece sind definitiv meine Vintage Cowboy Boots aus LA, die ich literally fast jeden Tag trage. Ansonsten trage ich das, worauf ich Lust habe. Ich mag Vintage mit leichten Rock’n’Roll Influences.
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Wie sah deine Vorbereitung für den Film aus? Wie intensiv musstest du trainieren?
Ich habe in Deutschland mit Regina Halmich trainiert. Das war echt hart. Es hat aber auch mega viel Spaß gemacht! Sie ist wirklich eine tolle und inspirierende Frau! Später war ich dann auch noch regelmäßig in offenen Boxing Classes in LA.
Du warst als Jugendliche erfolgreiche Leichtathletin (warst mit 14 die beste Deutsche im Stabhochsprung) – hat dir das in Vorbereitung auf die Rolle geholfen?
Ich denke, dass ich durch meine Leistungssport-Vergangenheit immer noch ein gutes Körper-Gefühl habe, ihn und seine Grenzen dadurch sehr gut kenne. Ich mache auch heute fast noch jeden Tag Sport (nur für mich, um fit zu bleiben und als Ausgleich). Aber auch das ist definitiv ein Vorteil, wenn es um sportliche/körperliche Rollen geht.
Im Film sind immer wieder große Boxer wie Muhammad Ali ein Thema. Den kennt natürlich jeder. Aber es gibt ja auch erfolgreiche Boxerinnen, wie Tina Ruprecht oder Regina Halmich. Wie nimmst du die Rolle von Frauen im Box-Sport wahr?
Der Box-Sport ist immer noch stark von Männern dominiert, sowohl medial als auch finanziell. Aber es gibt immer mehr Frauen, die sich durchsetzen und ihren Platz in diesem Sport einnehmen. Das finde ich großartig. Boxerinnen wie Regina Halmich oder Katie Taylor haben viel dafür getan, dass Frauen im Boxen ernster genommen werden. Dennoch gibt es noch viel zu tun – besonders in der öffentlichen Wahrnehmung.
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Was hat der Film mit dir gemacht? Hat er etwas in dir verändert?
Definitiv. Uppercut war nicht nur körperlich, sondern auch emotional eine intensive Reise. Toni ist eine Rolle, die viel von mir gefordert hat – physisch, mental und auch emotional. Ich musste mich mit Themen wie Wut, Selbstzweifel, aber auch unbändiger Entschlossenheit auseinandersetzen. Das hat mich persönlich sehr geprägt. Ich traue mich jetzt, radikaler zu sein – in meinen Entscheidungen, meinem Ausdruck und meinem Spiel. Und das nehme ich auf jeden Fall mit für meine nächsten Projekte.
Was erhoffst du dir, dass Zuschauer*innen vom Film mitnehmen?
Ich hoffe, dass sie sich trauen, ihre eigene Stärke zu finden – aber auch ihre Neugier. Uppercut erzählt ja nicht nur eine klassische Sport-Story, sondern handelt von Menschen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, die in völlig unterschiedlichen Welten leben und trotzdem eine Verbindung zueinander aufbauen. Toni und Elliott hätten sich unter anderen Umständen nie begegnet, sie haben Vorurteile, halten den jeweils anderen erst für eine Fehlbesetzung in ihrem Leben – und genau das macht ihre Reise so spannend. Weil die Neugier irgendwann stärker ist als die Ablehnung. Ich wünsche mir, dass der Film inspiriert, aus der eigenen Bubble herauszutreten, mal „out of the box“ zu denken. Das erfordert Mut, klar. Aber wenn wir es schaffen, kann es eine riesige Bereicherung sein.
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Würdest du auch privat boxen? Oder ist das eher schwierig mit deinem Job zu vereinen wegen hohem Verletzungsrisiko?
Ich liebe es zu boxen – aber tatsächlich eher als Training und nicht als Wettkampfsport. Es ist eine unfassbar intensive Art, den Körper und den Kopf zu fordern und einfach mal 100 Prozent im Moment zu sein. Aber ja, als Schauspielerin muss ich natürlich darauf achten, Verletzungen zu vermeiden. Generell versuche ich eine Balance zu finden – also eine Mischung aus Yoga, Joggen, Pilates und ja, warum nicht ab und zu ein cooles Box-Workout. Aber bitte keine Fights!
Du hast den Film auch produziert. Wie kam es dazu und was reizt dich daran?
Ich bin schon länger auch auf der Produktionsseite aktiv, aber das war eigentlich nie mein Plan – es ist eher by accident entstanden. Bei Leberhaken war ich so tief in der Entwicklung drin, dass ich automatisch mehr Verantwortung übernommen habe. Als Produzentin hält man alle Fäden zusammen – von der Stoffentwicklung über die Finanzierung bis zur Veröffentlichung. Man trifft kreative und wirtschaftliche Entscheidungen, organisiert das Team und sorgt dafür, dass ein Film überhaupt entstehen kann. Uppercut war für mich eine logische Fortsetzung, weil ich mit der Story so verbunden bin. Und auch wenn es viel Verantwortung bedeutet, finde ich es unglaublich erfüllend, ein Projekt nicht nur als Schauspielerin, sondern auch hinter den Kulissen mitzugestalten.
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Siehst du dich eher als Schauspielerin oder willst du lieber weiter das Feld der Produktion erforschen?
Ich sehe mich in beidem. Schauspiel ist und bleibt meine große Leidenschaft. Aber die Produktion gibt mir die Möglichkeit, Geschichten zu erzählen, die mir wirklich am Herzen liegen. Ich liebe es, Inhalte zu entwickeln, neue Perspektiven auf Figuren zu werfen und kreative Entscheidungen zu treffen. Außerdem schafft es auch Unabhängigkeit. Im Schauspiel ist man immer auf die Zusage anderer angewiesen, da ist auch viel Warten am Start. Das kann mitunter sehr passiv sein und ermüdend. Mir tut es gut, aktiv zu sein. Insofern will ich definitiv beides weiter ausbauen.
Dramen und Sport scheinen dich filmisch zu begleiten. Zuletzt hast du eine Athletin in Tod für Olympia gespielt. Ist das deine Niche oder welche Art von Projekten würdest du gern in Zukunft mal umsetzen?
Ich liebe physische Rollen, weil sie mir eine zusätzliche Ebene in der Darstellung geben. Aber ich will mich nicht darauf festlegen. Ich habe große Lust auf ungewöhnliche, mutige, genreübergreifende Projekte – sei es eine düstere Indie-Story, eine Romantic Comedy oder ein komplett unerwarteter Charakter. Ich würde gerne mal etwas ganz anderes machen.
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Woran arbeitest du gerade? Auf was können wir uns in 2025 freuen?
Ich habe gerade meine ersten US-Castings gemacht und ein tolles US-Management gefunden – also mal sehen, was sich daraus entwickelt! Zudem nutzen wir unser wachsendes Netzwerk in Amerika, um uns verstärkt auf deutsch/europäisch-amerikanische Filme zu konzentrieren – einige davon sind bereits in der Pipeline. Der Fokus liegt dabei auf character-driven Stories, die nah an den Figuren sind und ihre Tiefe wirklich ausloten.
Das nächste Projekt, über das wir gerade sowohl in Deutschland als auch hier in Amerika mit potenziellen Partnern sprechen, ist eine Serie namens Berlinien (Engl.: Berlines). Die Serie habe ich mit einer Kollegin zusammen geschrieben und wird definitiv mein nächstes Herzensprojekt.
Fotografie: Eno de Wit
Styling: Alex Nyilas
Art Direction: Julia Preiß
Make-up: Marvin Glissmann
Haare: Leo Stern