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Auf Felsen alles Wonderful: The Killers

Die Zeiten von Mr. Brightside sind längst vorbei. Auf ihrem neuen Album schlagen The Killers düstere Töne an. Warum, hat uns Frontmann Brandon Flowers verraten.

Fotos: Anton Corbijn

Fest steht: Brandon Flowers ist ein Widerspruch in sich. Erst einmal verspricht sein Nachname Blumen, sein Bandname aber den Tod. Außerdem ist er bekennender Mormone, lebt aber in Las Vegas. Er ist Mitglied einer Rockband, steht aber auf 80er Pop. Bei so viel Ambivalenz können schon mal Selbstzweifel aufkommen. 14 Jahre nach ihrem ersten Hit „Mr. Brightside“ verarbeitet Brandon diese auf dem neuen Killers-Album „Wonderful, Wonderful“. Im Video zur ersten Single „The Man“ spielt er den selbstbewussten Typen, der sich am Ende doch als Fail entpuppt. Grund genug, mal über Männlichkeit zu sprechen.

Was braucht es, um ein Mann zu sein?
Heutzutage sind mir Mitgefühl und Empathie wichtig. Das hab ich ganz anders gesehen, als ich 20 war. Es ging darum, das Geld nach Hause zu bringen und ein Macho zu sein.

Steht Männlichkeit für dich in Verbindung mit Selbstbewusstsein?
Nicht unbedingt. Auch eine Frau, die nicht maskulin ist, kann total stark und selbstbewusst sein. Vielmehr sollte sie das auch sein!

Du hast mal gesagt, dass du der Beste sein willst und bessere Songs als alle anderen schreiben möchtest.
Ja. Okay, ich setz’ mich jetzt nicht hin und denke: „Mit diesem Song muss ich alle schlagen“. Aber eigentlich will ich das (lacht).

 Das neue Album soll ein Rückblick auf dein früheres Selbst zu Beginn eurer Karriere sein. Welchen Rat gibst du jungen Bands, die gerade erst ins Business starten?
Ein guter Song bleibt ein guter Song, der gehört werden muss. Wenn etwas gut und ehrlich ist, wird man es nicht zurück halten können, so wie einen Tennisball unter Wasser. Das sollte jungen Bands Hoffnung geben.

Genau das ist ja mit eurem Song „Mr. Brightside“ passiert. Du hast mal vermutet, dass der Song heute kein Erfolg mehr sein würde, aber trotzdem im „Snowball“-Effekt noch immer größer wird. Ehrlich gesagt, hören wir den ja noch immer auf jeder Hausparty.
Hm, vielleicht wäre er sogar so erfolgreich wie früher, ich bin mir nicht sicher. Was mit genau dem Song passiert ist, war einfach verrückt, irgendwie abnormal. Ich glaube, die Menschen werden die Gefühle und Erinnerungen, die sie mit dem Song haben, nie vergessen.

Im Vergleich zum Uptempo dieses Songs klingt das neue Album aber ganz schon düster und gedankenverloren.
Es ist ziemlich nach innen gerichtet. Ich hatte zum ersten Mal eine Schreibblockade. Als ich angefangen habe, über meine Frau und ihre Probleme zu schreiben, und über meine Erfahrungen als „The Man“, hat sich alles auf einmal geöffnet.

Es ist damit ja ein recht persönliches Album geworden. Gerade dieses Jahr werden aber Popstars wie Taylor Swift dafür kritisiert, dass sie ihre Reichweite nicht nutzen, um sich zum Beispiel politisch stark zu machen. Sind Künstler mit eurer Reichweite verpflichtet, die Aufmerksamkeit auf Themen wie Politik zu lenken?
Ich glaube nicht. Wenn man nicht gut informiert ist, sollte man auch wirklich den Mund halten. Die erste Pflicht ist, sich zu bilden, bevor man in solche Bereiche eintaucht. In der Vergangenheit gab’s da ein paar tolle Beispiele: Bruce Springsteen, Bob Marley, The Clash, Neil Young. Solange ich mich nicht in deren Range bewege, werde ich’s nicht machen. Auf diesem Album wollte ich einfach unbedingt über meine Frau schreiben. Das ist dann genauso kraftvoll wie wenn ich mich über Donald Trump beschweren würde, vielleicht sogar noch mehr, weil sich ja jeder über ihn beschwert.

Wie hat deine Frau denn auf das Album reagiert?
Die Produktion hat uns zusammengeschweißt. Sie war bei jedem Schritt dabei.

Hat sie da auch mal eingegriffen und gesagt: „Hey, schreib das bitte nicht“?
Ja, wir haben uns dann zusammen ans Klavier gesetzt, ich hab ihr den Song vorgespielt und wollte sichergehen, dass ich alles richtig beschreibe und nicht zu viele Infos vermische. Das hat uns auch bei unseren gemeinsamen Problemen geholfen.

Ehe-Probleme?
Genau. Sie hat eine ziemlich komplizierte Art posttraumatischer Belastungstörung und ist trotzdem super stark. Nicht jede Beziehung überlebt, wenn eine Person von so etwas betroffen ist. Ich bin aber sicher, dass uns mein künstlerischer Umgang damit ein bisschen weitergebracht hat.

Ist deine Frau euer No. 1-Hörer?
Nein! (lacht) Ihr gefällt’s, sie ist stolz auf mich, aber ehrlich gesagt vermeiden wir es meistens, uns die Sachen zu oft anzuhören.

Anderes Thema: Im Vergleich mit anderen Rock-Bands setzen The Killers viel auf Ästhetik, Mode und Style. Wie wichtig ist sowas bei der Produktion eines neuen Albums?
Total wichtig! Musik und die Mode gehen für mich Hand in Hand. Wenn ich einen Schal sehe, denke ich an Mick Jagger, wenn ich eine Pompadour-Frisur sehe, denke ich an Johnny Cash oder Morrissey. Solche Idole hab ich immer mit Mode verbunden.

Bist du da derjenige in der Band, der die Anderen auf Trab hält?
Ja, mir ist das schon ein bisschen wichtiger als den Jungs.

Du hast drei Söhne. Nach der ganzen Selbsterkenntnis auf dem neuen Album, was rätst du Ihnen, wenn sie im Alltag zweifeln?
Ich sage ihnen immer, dass sie bei allem 100% geben sollen. Ob sie jetzt was im Haushalt machen oder im Alltag – wenn ich merke, dass sie sich nicht ganz anstrengen, versuche ich ihnen zu erklären, warum das wichtig ist. Ach so, und wenn wir klettern gehen, sag ich ihnen immer, dass sie sich auf dem Felsen nicht direkt abstützen sollen, sondern erst einmal mit dem Fuß vorfühlen!

Ganz schön metaphorisch!
Ja, ich halte das für einen schönen Gedanken. Verlagere nicht sofort dein ganzes Gewicht. Schau erst mal, wie das Fundament ist. Lass dich nicht auf etwas ein, bevor du sicher bist, dass es wirklich fest ist.

„Wonderful, Wonderful“ erscheint heute bei Island/Universal.

Robin Micha
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